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Eventuelle Frauenklausel

Keine öffentlichen Aufträge ohne Frauenförderung? Bauindustrie empört

Berlin (taz) – Die Bundesregierung will bei der Vergabe öffentlicher Aufträge eventuell auch die Frauenförderung in ihre Kriterienliste einbeziehen. Im Familienministerium hieß es gestern allerdings einschränkend, man spreche noch nicht von einem Gesetzesentwurf. Vielmehr befände sich Ministerin Christine Bergmann (SPD) zusammen mit Vertretern des Wirtschaftministeriums im Dialog mit der privaten Wirtschaft, sagte Pressesprecherin Christine Moser am Donnerstag der taz. Dabei gehe es ganz allgemein um die „Gleichstellung der Frau in der Privatwirtschaft“.

Der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie kritisierte das Vorhaben der Regierung. Denn bei der Vergabe von Bauleistungen trete der Staat „wie ein Privater“ auf, habe also allein nach den Regeln seiner Gewinnmaximierung das für ihn günstigste Angebot auszusuchen, sagte Michael Werner, Leiter der Hauptabteilung Wirtschaft. „Dann kann er aber nicht gleichzeitig auch die Regeln festlegen“, monierte Werner. „Das ist wettbewerbspolitisch gesehen der Sündenfall.“

Das Land Berlin hatte im Juli vergangenen Jahres bereits eine Vorreiterrolle übernommen, als es das Vorgabegesetz erlassen hatte. Demnach sollen nur solche Betriebe öffentliche Aufträge erhalten, die nach Tarif bezahlen und Lehrlinge ausbilden. Dieses Gesetz hat das Berliner Kammergericht jedoch bereits als unzulässig bezeichnet. Vor allem Unternehmen, die aus dem wirtschaftlich schlechter gestellten Umland kämen, würden diskriminiert. Mitte Januar soll auf höherer Instanz erneut über das Vergabegesetz entschieden werden.

Auch EU-rechtlich stünden der Bundesinitiative Steine im Weg, sagt die Bauindustrie voraus. „Wenn ein Bieter den Zuschlag erhält, der sich nur auf Grund gesellschaftspolitischer Kriterien durchsetzt, nicht aber wegen seiner fachlichen und preislichen Überlegenheit“, so Werner, dann käme man mit dem Beihilfegesetz in Konflikt. Eine solche Praxis könne als indirekter staatlicher Zuschuss interpretiert werden.

Auch die Handwerkskammer Berlin hat die geplante Koppelung der Vergabe öffentlicher Aufträge an die Frauenförderung kritisiert. Ein solcher Gesetzesentwurf, sollte er denn tatsächlich konkret werden, sei „völlig absurd“, sagte der Präsident der Handwerkskammer, Hans-Dieter Blaese. Damit würden Handwerksbetriebe kaum noch Aufträge erhalten. Das Berliner Handwerk erwarte angesichts seiner „herausragenden Ausbildungsleistung Unterstützung und keine weiteren Hemmnisse“ im Wettbewerb um öffentliche Aufträge. Katharina Koufen

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