: Wenn Liebe durch die Blase geht
■ Ausgelassen, komisch, zynisch, melancholisch, resigniert: „Herrchens Frauchen“ mit ihrem neuen Programm „Vorläufiges Endergebnis“ im Schmidt
Das neue Jahr(tausend) wurde im Schmidt mit ganz alten Bekannten eingeläutet: Namensgeber Gunter Schmidt und Lisa Politt alias Herrchens Frauchen stellten ihr neues Programm vor. Die Gewichtung fällt in diesem noch einseitiger aus denn je: Während Frauchen mit gewohnt schnoddrig-beißendem Witz durch den Abend führt, hat Herrchen nunmehr fast gar nichts mehr zu melden. Stattdessen darf er im Zusammenwirken mit den beiden Hamburger Gastmusikern Jo Jacobs (MäGäDäm) und Ralf Schwarz (Stefan Gwildis & the Drückerkolonne) beweisen, dass er, angefangen vom Harfenspiel, über das Bedienen diverser Tasteninstrumente bis hin zum Schlagen der Ukulele, zumindest musikalisch auf der Höhe ist.
Das „Vorläufige Endergebnis“, das Politt und Schmidt bis Ende Januar präsentieren, ist ein sehr persönliches Resümee ihres gemeinsamen Lebens, ihrer 15-jährigen kabarettistischen Zusammenarbeit und politischer Weltgeschichte, gespickt mit wieder einmal einigen hartnä-ckigen Ohrwürmern. „Wo kommst du her, wo gehst du hin?“ fragt die gebürtige Bomlitzerin programmatisch im Auftakt-Song, der mit der erstaunten Erkenntnis endet, dass die Leute mit den weißen Haaren wohl die Eltern waren. Ist da ein Leben unbemerkt entglitten? Die Frau mit ihrem Ikea-Spiegelschränkchen „Möllesund“ hatte dagegen etwas, woran sie sich klammern konnte. Ganz zu schweigen vom geerbten deutschen Eichenschrank, der ohne Falten und Blessuren ein kurzes Menschenleben locker überdauert und mit seiner Wesensart identitätsstiftende Leistungen zu vollbringen in der Lage ist.
Ganz unphilosophisch, dafür urkomisch kommt die Cover-Version von „Eternal Flame“ der Bangles daher. Der Text bezieht sich auf gemeinsame Tournee-Erlebnisse in billigen Absteigen, in denen es nur eine Gemeinschaftstoilette gibt. Das ständige Klingeln beim Portier nach den Toilettenschlüssel löste bei Lisa Reflexe Pawlowschen Ausmaßes aus: „Brennt mein Herz, oder ist es meine Blase?“ fragt sie und ist dann ganz sicher, dass dieses Brennen Liebe sein muß, auch wenn wieder nichts dabei rauskommt. Solche im besten Sinne unterhaltenden Stücke helfen über von Herrchens Frauchen bislang nie gehörte melancholische Songs wie „Fliegen“ hinweg, die zwar weg von allen „Lügen“ führen sollen, paradoxerweise aber genau in einen Show-Zinnober vom Schlage „Grand Prix de la Chanson“ passen würden.
Und zwischendurch gibt es kräftig auf die Finger: für in die Jahre gekommene ehemalige K-Gruppen-Aktivistinnen, die mittlerweile nicht nur dem Buddhismus frönen, sondern ihn auch auf ein gemütliches Konsumdasein umgedeutet haben. Und für Politiker und Wirtschaftsbosse, die sich des Zwangsarbeiterfonds nicht länger rühmen können, wenn mal die Relationen klargestellt werden. Die gesammelten Stilblüten deutscher TV-Talker wirken dagegen fast schon niedlich.
Die Bezeichnung „vorläufig“ kennzeichnet recht gut den Status quo des Programms: Von zynisch, derb, ausgelassen und komisch bis melancholisch, resigniert und tieftraurig ist alles dabei. Vielfältig könnte man dieses Potpourri nennen, genausogut aber auch beliebig. Jedenfalls fehlt irgendwie die Richtung. Stefanie Behrens
noch vom 11. bis 16., 18. bis 23. sowie 25. bis 29. Januar, 20 Uhr, sonntags um 19 Uhr, Schmidt
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