: Das ungelöste Nadelöhr unter der Elbe
■ Seit 1975 gehört der Stau zum Tunnel wie der Michel zu Hamburg
Mit einem kräftigen Hebeldruck hat der damalige Bundeskanzler Helmut Schmidt (SPD) heute vor 25 Jahren die Signale für den neuen Elbtunnel auf grün geschaltet. Schon kurz darauf stauten sich zum ersten Mal die Autos im damals längsten Unterwassertunnel Europas – die HamburgerInnen strömten in Scharen herbei, sich das Wunderbauwerk unter der Elbe ansehen. Seitdem gehört der Stau zum Elbtunnel wie der Michel zu Hamburg. Auf 60.000 bis 70.000 Fahrzeuge pro Tag war der Tunnel ausgelegt worden; heute passieren an Werktagen mehr als 120.000 Autos das Nadelöhr unter der Elbe, davon ist jedes sechste ein schwerer Lastwagen. Übers Jahr rauschen 40 Millionen Fahrzeuge unter der Elbe durch.
Der neue Elbtunnel sollte Hamburg und den gesamten europäischen Güterverkehr aus einer misslichen Situation befreien: Der Verkehr von Mitteleuropa nach Skandinavien wälzte sich über die Elbbrücken in die Hamburger Innenstadt, musste sich seinen Weg durch das Stadtgebiet suchen und auf die Autobahn zurückfinden. Mehr als eine Milliarde Mark ließen sich Bund und Land damals die westliche Autobahnumgehung Hamburgs kosten, davon allein 540 Millionen Mark für den mehr als drei Kilometer langen Tunnel.
Nach einem Vierteljahrhundert ist der Tunnel nicht mehr gut in Schuss und wird deshalb bis Ende Juni gründlich renoviert. Der Brandschutz und die Beleuchtung werden für 50 Millionen Mark erneuert. Für die AutofahrerInnen bedeutet das neue Staus: Jeweils eine der Röhren ist bis zum Sommer wegen der Arbeiten gesperrt.
Wegen der rasch anwachsenden Verkehrsströme erfüllten sich die Hoffnungen auf eine dauerhafte Entlastung der Hamburger Straßen nicht. Seit mehr als vier Jahren wird deshalb unter der Elbe eine neue, vierte Röhre gebaut. Bis auf 300 Meter hat sich der Bohrer „Trude“, der weltweit größte seiner Art, an das nördliche Elbufer herangearbeitet.
„Bis zum Durchbruch brauchen wir noch etwa 50 Arbeitstage“, sagt Siegfried Zell, der Sprecher der beteiligten Bauunternehmen. Im Mai 2002 sollen die ersten Autos durch die neue Röhre rollen, die ungefähr doppelt so teuer wird wie der Elbtunnel vor 25 Jahren. Trotz diverser technische Probleme liegt das Projekt bislang im geplanten Zeit- und Kostenrahmen.
Auch die vierte Röhre wird die Hamburger Verkehrsprobleme nicht lösen. Die Kapazität des künftig achtspurigen Elbtunnels wird bereits heute erreicht, so dass keine Reserve eingeplant ist und bei weiter steigendem Verkehr die Staus programmiert sind. lno
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