: Russland beendet Feuerpause
■ Moskau räumt hohe Verluste durch Gegenoffensiven der Rebellen in Tschetschenien ein. Um mehrere Orte wird heftig gekämpft. Gefeuerte Generäle sind weiter im Amt
Moskau (AFP/dpa) – Nach nur drei Tagen hat Russland die angekündigte Feuerpause für die tschetschenische Hauptstadt Grosny bereits wieder für beendet erklärt. Verteidigungsminister Igor Sergejew begründete dies gestern in Moskau damit, dass die tschetschenischen Rebellen den Stopp der russischen Offensive in der Hauptstadt für Gegenangriffe an anderen Orten nutzten.
Die Feuerpause war am Freitag von der russischen Armeeführung unter anderem mit Verweis auf das orthodoxe Weihnachtsfest und das Ende des islamischen Fastenmonats Ramadan verhängt worden. Gestern verkündete Sergejew jedoch, dass die russische Offensive nunmehr wieder in vollem Umfang laufe. „Was nützt eine Feuerpause, wenn die Terroristen sie zu hinterlistigen Angriffen nutzen?“, fragte der Verteidigungsminister.
Der Kommandeur der russischen Truppen im Nordkaukasus, General Wiktor Kasanzew, drohte den Unabhängigkeitskämpfern in der abtrünnigen Kaukasusrepublik ein gnadenloses Vorgehen an. Künftig werde es „kein Pardon mehr“ mit den Rebellen geben.
Zugleich dementierte Kasanzew, dass die Generäle Gennadi Troschew und Wladimir Schamanow abgelöst worden seien. Sie seien vielmehr mit „weiteren Befugnissen und Aufgaben“ betraut worden. Troschew hatte am Freitag selbst im Fernsehen von seiner Entlassung als Folge des ins Stocken geratenen Feldzugs berichtet.
Ziel der Gegenoffensiven der Rebellen waren Städte wie Argun, Schali und Gudermes, die die Russen schon vor Wochen eingenommen hatten. Dort kam es zu schweren Gefechten. Den Aufständischen gelang es offenbar, einige kleinere Orte wieder zurückzuerobern. In den umkämpften Städten verhängte die russische Militärführung eine Ausgangssperre nach Einbruch der Dunkelheit. Nur Frauen, Kinder und ältere Menschen würden noch als Flüchtlinge betrachtet. Alle anderen müssten mit der Überprüfung ihrer Identität rechnen.
Das russische Militär musste bei der Gegenoffensive der Rebellen hohe Verluste einräumen. Allein am Sonntag wurden nach offiziellen Angaben 26 russische Soldaten getötet und 30 verletzt. Dies ist der höchste von der Militärführung eingeräumte Verlust an einem einzigen Tag seit Einmarsch in Tschetschenien am 1. Oktober. Derweil berichtete die Militärführung gestern Mittag von mindestens hundert getöteten Rebellen innnerhalb der vergangenen 24 Stunden.
Das Verteidigungsministerium dementierte einen Bericht über eine Geiselnahme in einer tschetschenischen Schule in Gudermes. Zuvor hatte die Agentur Itar-Tass gemeldet, eine Gruppe von Rebellen habe bei ihrem Überraschungsangriff Geiseln in einer Schule der zweitgrößten tschetschenischen Stadt genommen.
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