: Ein Sozialpolitiker mit Karrieregelüsten
Wechsel an der Elbe: Olaf Scholz, Bundestagsabgeordneter und pragmatischer Linker, soll Parteichef der Hamburger SPD werden und einen Generationswechsel einleiten
Hamburg (taz) – Der Bundestagsabgeordnete Olaf Scholz soll neuer SPD-Chef in Hamburg werden. Der Landesvorstand der hanseatischen Dauerregierungspartei nominierte den 41-jährigen Rechtsanwalt am Montag mit 21 Ja-Stimmen, einer Nein-Stimme und einer Enthaltung. Auf einem Parteitag Mitte April soll Scholz zum Nachfolger des amtsmüden Jörg Kuhbier gewählt werden, der nach sechs Jahren als Parteichef nicht erneut kandidieren will.
Der 59-jährige ehemalige Umweltsenator Kuhbier, dem linken Flügel zugerechnet, will einen „gestalteten Generationenwechsel einleiten“. Das falle ihm umso leichter, als mit Scholz ein „kompetenter und sehr geeigneter“ Nachfolger gefunden werden konnte. Scholz, der sich als „pragmatischer Linker“ versteht, ist an der Elbe seit vielen Jahren ein parteipolitisches Schwergewicht, das vor allem im Hintergrund wirkt. Bei der Bundestagswahl im November 1998 trat er erstmals an und gewann mit satten 49 Prozent ein Direktmandat im Wahlkreis Hamburg-Altona, in dem zuvor die CDU fast zur SPD aufgeschlossen hatte.
Im Bundestag hat sich der Parlamentsneuling Scholz, nach eigener Einschätzung ein „Arbeits- und Sozialpolitiker aus Leidenschaft“, bereits erste Meriten erworben. Freunde rechnen ihm an, dass er in der Fraktion bei der Neuregelung des 630-Marks-Gesetzes Kanzler Gerhard Schröder offen kritisierte; seinen Gegnern gilt der frühere Bundes-Vize der Jusos als gewiefter und machtorientierter Taktiker mit Karrieregelüsten.
Der Fachanwalt für Arbeitsrecht tritt in große Fußstapfen: Vorgänger Jörg Kuhbier galt als führungsstarker Integrator, dem es gelang, die früher heftig zerstrittenen Elb-Sozis wieder zu vereinen. Kuhbier hatte im September 1997 zur flügelübergreifenden Akzeptanz des Parteilinken Ortwin Runde als neuer Regierungschef beigetragen. Damals war der parteirechte Bürgermeister Voscherau nach zehn Jahren zurückgetreten.Sven-Michael Veit
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen