Schnelle Schnitte im Hochsicherheitstrakt

■ Vom Erinnern und Vergessen: Mit Memory Song von Kristina Faust wird das Terminal 2 des Hamburger Flughafens zur Theater-Performance-Bühne

Vor etwas über einem Jahr lief die Hamburger Regisseurin Kristina Faust durch das Terminal 2 im Flughafen Hamburg, vorbei an der alten Anzeigentafel, und hatte eine echte Schnapsidee: Hier müsste man mal Theater spielen. Durch Zufall geriet sie an den richtigen Mann, einen in Fuhlsbüttel angestellten Ingenieur mit kulturellen Ambitionen. So kam das Projekt Memory Song der Gruppe T2 ins Rollen. Kulturbehörde und -stiftung griffen mit 35.000 Mark unter die Arme, und der Flughafen selbst half mit Personal- und Sachleistungen. Trotzdem erwiesen sich die logistischen Probleme als immens. „Wir arbeiten hier in einem Hochsicherheitstrakt“, sagt Produzent Dirk Bleese. „Da gibt es Bestimmungen, die gibt es gar nicht. Das kann man sich gar nicht vorstellen.“

Von ebenso hoher Komplexität ist der Stoff, der Kristina Faust als Anstoß zu ihrer Theater-Performance diente: der Roman Kometen (erscheint im Februar bei Kiepenheuer & Witsch) des vielfach preisgekrönten jungen Hamburger Autoren Stephan Beuse. Die beiden sind befreundet, und die zwei Texte beeinflussten sich in ihrer Entstehung mitunter gegenseitig. Wo Beuse aber seine sehr vielen Figuren in schnellen Schnitten seltsame Geschichten erleben lässt, die irgendwie alle miteinander zusammenhängen, konzentriert sich Faust auf deren fünf: einen erblindenden Fotografen, die hochschwangere Nora, den Unternehmensberater Jakob Leitner, die geheimnisvolle Marie und ihren Ex-Freund David.

Das Ergebnis ist eine multimediale Collage zum Thema „Erinnern und Vergessen“, die für jeweils etwa 100 Zuschauer das alte Hauptgebäude des Flughafens wohl zum letzten Mal als eigenfunktionellen Raum erfahrbar macht. Ansonsten dient er lediglich noch als überdachte Verbindung vom Terminal 1 zum Terminal 3 – und wird deswegen demnächst abgerissen. Ralf Poerschke

Premiere: Do, 13. Januar, 20 Uhr, Terminal 2, Flughafen Hamburg; weitere Vorstellungen: 14. bis 16. und 20. bis 23. Januar