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Manager sind sozial inkompetent

■ Nach einer Unternehmensberater-Studie können knapp 40 Prozent der Führungskräfte der Region nicht richtig mit ihren Mitarbeitern umgehen. Fachkompetenz ist aber gestiegen

„Manager sind auch nurMenschen“, sagt EgbertSteinke von der Industrie-und Handelskammer

Das Management der Betriebe der Region weist deutliche Defizite auf. Mangelhaft sind insbesondere die soziale Kompetenz der Führungskräfte sowie die Regelung der personellen Nachfolge in den Unternehmen. Das hat eine aktuelle Studie des Bundesverbandes Deutscher Unternehmensberater (BDU) ergeben, die BDU-Vizepräsident Remi Redley gestern vorstellte.

In der Studie wird den Berliner und Brandenburger Managern zugleich bescheinigt, dass sich Fähigkeiten wie fachliche Eignung und unternehmerisches Denken in den vergangenen Jahren deutlich verbessert haben. Vor drei Jahren hatten die Unternehmensberater eine ähnliche Untersuchung in der Region durchgeführt.

Bei der Studie sind rund 500 Manager aus mehr als 200 Betrieben der Region von Unternehmensberatern beurteilt worden. Vertreten waren Firmen aller Größenordnungen aus Industrie, Handel, Handwerk, Dienstleistungen und dem öffentlichen Sektor. Die Unternehmensberater haben anonymisierte Dossiers über ihre potenziellen Klienten angefertigt. Beispielsweise sollten sie auf einem standardisierten Fragebogen einschätzen, ob ein Manager „ein ausgeprägtes Charsima beziehungsweise keine Ausstrahlung“ habe.

Mit dieser Vorgehensweise wollten die Unternehmensberater vermeiden, dass die Ergebnisse durch fehlerhafte Selbsteinschätzungen der Manager verzerrt werden. Dies schien nötig zu sein. Immerhin überschätzt sich laut Studie jeder fünfte Manager der Region. Die Studie sei zwar im strengen Sinne nicht repräsentativ, räumte Redley auf Nachfrage ein. Sie komme aber insgesamt zu ähnlichen Ergebnissen wie andere Untersuchungen.

Als völlig unzureichend beurteilt die Studie die Planung der Unternehmensnachfolge. „Viele Manager glauben, sie seien unsterblich oder unersetzbar“, sagte Studienmitarbeiter Wolf Kempert. Nur 13 Prozent der Führungskräfte befassen sich frühzeitig und konkret mit der Zukunft ihres Betriebs. Bundesweit sind es etwa 20 Prozent. Dieser Missstand sei vor allem für kleine und mittlere Firmen sehr bedenklich.

In den nächsten Jahren werden bundesweit viele Manager und Unternehmer in den Ruhestand gehen. Das Problem sei auch in Berlin drängend, so IHK-Sprecher Egbert Steinke. „Die Unternehmer sind gefordert, ihre Nachfolger gezielt aufzubauen.“ Die Industrie- und Handelskammer habe deshalb bereits eine Nachfolge-Vermittlungsbörse eingerichtet.

Knapp 40 Prozent der Manager der Region mangelt es laut der Untersuchung an sozialer Kompetenz. Darunter verstehen Betriebspsychologen die Fähigkeit, Mitarbeiter zu motivieren, den Teamgeist zu stärken und ein gutes Klima in den Abteilungen zu schaffen. „Dieses Ergebnis ist Besorgnis erregend“, so Redley. Erst die einzelnen Mitarbeiter machten ein Unternehmen von anderen unterscheidbar. Insbesondere in Krisenzeiten komme es auf motivierte Mitarbeiter an.

„Mich überrascht dieses Ergebnis überhaupt nicht“, sagte DGB-Landessprecher Dieter Pienky. Die Studie sei ein Armutszeugnis für die Unternehmerschaft. Sie vernachlässige „die Bedeutung der Produktivkraft Mensch“. Ärgerlich sei, dass im Zweifel immer die Beschäftigten die Fehlleistungen des Managements ausbaden müssten. „Vielleicht sollten eher die Manager als die Beschäftigten Weiterbildungsmaßnahmen besuchen.“

Egbert Steinke hält die soziale Inkompetenz der Führungskräfte für eine „unschöne Erscheinung“. In den harten Zeiten des Strukturwandels in der Region müsse man das aber akzeptieren. „Manager sind auch nur Menschen.“

Richard Rother

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