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Bahn startet das neue Jahr mit einem Eigentor

Konzern verbietet dem Verkehrsclub VCD, mit DB-Logo für einen kundenfreundlicheren Betrieb zu werben ■ Von Katharina Koufen

Berlin (taz) – Der vierjährige Daniel ist bereits ein kleiner Bahnspezialist. In seinem Kinderzimmer finden sich sämtliche Modelle, die auf der Schiene Rang und Namen haben: Der historische Transpazifik Express tuckert gleichermaßen über die Holzschienen wie eine Dampflok aus Kaisers Zeiten. Und natürlich Daniels Lieblingsstück – der Hochgeschwindigkeitszug ICE.

Wäre Daniel volljährig, dann könnte er sich womöglich strafbar machen. Und der Spielzeugfirma, die die kleinen Holzbahnen herstellt, würde vielleicht ein Gefängnisaufenthalt von sechs Monaten drohen, wahlweise auch eine Geldstrafe von einer halben Million Mark. Das Vergehen? Daniel besitzt Züge, die den Modellen der Deutschen Bahn AG so genau nachgebaut worden sind, dass sie sogar das Firmenlogo – die roten Buchstaben DB auf weißem Grund – tragen. Nach einer einstweiligen Verfügung des Landgerichts Berlin ist es aber untersagt, diese Marke „als Zeichen für den eigenen wirtschaftlichen Bestand“ zu nutzen und nicht nur zur „Verbraucheraufklärung“.

Geklagt hat die Deutsche Bahn AG allerdings nicht gegen ihren Spielzeugkonkurrenten, sondern gegen den Verkehrsclub Deutschland (VCD). Der nämlich hatte das Bahn-Logo mit einem weiteren B angereichert und seine Kunden – symbolisch – dazu aufgefordert, „Die Bessere Bahn“ (DBB) durch Aktienkäufe zu erwerben und zu verbessern. „Wir haben uns überlegt: Wie kann man die Bahn dazu bringen, die Kunden endlich in den Mittelpunkt zu stellen?“ erklärt Burkhard Reinartz, Pressesprecher des VCD. Die Idee des Bahnkunden-Barometers wurde geboren: Alle sechs Monate sollte der Bahn und der Presse ein solcher Stimmungsanzeiger vorgelegt werden. Mitarbeiter des VCD und anderer Verbände hatten geplant, Reisende nach ihren Erfahrungen zu befragen. „Damit wollten wir öffentlichen Druck ausüben, dem sich die Bahn auf Dauer nicht hätte entziehen können“, so Reinartz.

„Hätte entziehen können“ – denn jetzt ist der Kampagne erst einmal ein Riegel vorgeschoben worden. „Hier ist eindeutig gegen das Markengesetz verstoßen worden“, begründete gestern Bahnsprecher Uwe Herz das harte Vorgehen des Unternehmens. Zwar habe man immer eng mit dem VCD zusammengearbeitet und sei auch weiterhin an einem guten Verhältnis interessiert, betonte Herz. Aber: „Gesetze sind Gesetze. Diesmal ist der Verband zu weit gegangen.“

Die Bahn, „vertreten durch die Vorstände Hartmut Mehdorn und Dr. Horst Föhr“, wie es in dem Schreiben des Landgerichts heißt, scheint es bitter ernst zu meinen: Immerhin wird die Verfügung „wegen Dringlichkeit ohne mündliche Verhandlung“ angeordnet. Der VCD hat deshalb flugs ein paar Aushilfen eingestellt, die das DBB-Logo auf allen Unterlagen mit schwarzem Edding unkenntlich machen sollten. Das erwies sich jedoch als unmöglich, zu viel Papier ist bereits bedruckt worden. 10.000 Mark sind wohl zum Fenster hinaus – es sei denn, die Bahn lenkt doch noch ein. Andernfalls will der VCD die Kampagne unter einem anderen Logo erneut starten – zähneknirschend. Denn, so Reinartz, man habe im letzten Herbst, also noch unter Ex-Chef Johannes Ludewig, eigens mit der Bahn verhandelt: „Die wussten doch von Anfang an Bescheid.“ Das, kontert Herz, habe das Gericht anscheinend anders gesehen.

„Mit dem neuen Bahnchef bekommt die Bahn wieder eine Chance“, warb der VCD kürzlich. Doch Mehdorn, der hoch gelobte Marketing-Experte, scheint nicht zu merken, dass er auf die eigenen Leute schießt. Anstatt die Kampagne des VCD ganz offensiv als kostenlose Werbung zu nutzen, sehen die Bahnvertreter die Bahnfreunde demnächst vor Gericht wieder – zur nächsten Runde im Streit um ein kleines Logo.

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