■ Die anderen:
Zur Ermordung des serbischen Milizenführers „Arkan“ schreibt die britische Zeitung The Times: Seine Ermordung verrät etwas über die Verzweiflung der Unterweltbanden, die in einem Land zu überleben versuchen, das jeden Monat ärmer wird. Sie lässt vermuten, dass die serbischen Herrscher zunehmend Angst bekommen, für die Verbrechen in drei Kriegen zur Rechenschaft gezogen zu werden. Einer nach dem anderen von jenen, mit denen Milošević in Verbindung gebracht wurde, ist verschwunden. Die Verzweiflung sorgt bereits für Blut auf den Straßen. Eines Tages könnte sie den Diktator stürzen, der für viele Verbrechen verantwortlich ist.
Die spanische Zeitung La Vanguardia aus Barcelona meint zum gleichen Thema: Die Ermordung Arkans erinnert daran, dass eine Reihe von Massenmördern noch ohne Strafe ist. Seit Monaten haben wir nichts mehr von notorischen Kriegsverbrechern wie Radovan Karadžić oder General Ratko Mladić gehört. Für das UN-Tribunal scheint deren Aburteilung nicht besonders vordringlich zu sein. Der gewaltsame Tod Arkans zeigt auch, dass die Balkanrepubliken von einer politischen Stabilität noch weit entfernt sind. Kroatien hat nach dem Tod von Präsident Franjo Tudjman den Übergang zur Nachkriegszeit und zur echten Demokratie begonnen.
Auch die bulgarische Tageszeitung Sega aus Sofia kommentiert die Ermordung des Milizenführers Arkan: Wahrscheinlich wird nie bekannt werden, wer Arkan ermordet hat. Es wird der Verdacht bleiben, dass dieser professionelle Mord von demjenigen bestellt wurde, der den größten Nutzen von seinem Tod hat – (der jugoslawische Präsident) Slobodan Milošević. Der Verdacht wird sich bestätigen, sollten bald weitere Morde an Kriegsverbrechern folgen. Zum Beispiel an General Ratko Mladić, Radovan Karadžić, hohen Militärs der jugoslawischen Armee. Zumal die ,internationale Gemeinschaft‘ nichts für ihre Festnahme tut.
Die britische Zeitung The Independent meint dazu: Die internationale Gemeinschaft kann wenig helfen, sofern Serbien nicht wirklich zu erkennen gibt, dass es einen Wechsel will. Es gibt immer noch viel zu viele Serben, die am Kosovo-Krieg nur kritisieren, dass sie ihn nicht gewonnen haben. Die jüngsten Urteile des Kriegsverbrechertribunals hingegen zeigen, dass nicht nur Serbien Grausamkeiten während des Kriegs in Bosnien verübt hat. Aber der serbische Staat unter Führung Milošević’ war wesentlich verantwortlich für das Blutbad auf dem Balkan. Serbien kann keine bessere Zukunft haben, wenn es nicht mit seiner Vergangenheit ins Reine kommt.
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