piwik no script img

■ Querspalte

Wa(h)r richtig falsch!

„Da gibt es nichts zu beschönigen. Das ist wahr“, bedauerte am Freitagabend ein leicht zerknirschter Manfred Kanther. Der frühere Bundesinnenminister mit der vordemokratischen Frisur hatte 17 Millionen Mark in Liechtenstein gebunkert; sein Schatzmeister mit dem vordemokratischen Namen Casimir Johannes Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg tarnte sie als „Vermächtnisse reicher Frankfurter Juden“. Die gab es gar nicht. Kanther war also nicht nur ein Rechtspopulist, Abschiebeminister und Anti-Liberaler, sondern auch eine Art Erbschleicher. Da gibt es wirklich nichts zu beschönigen. Das ist wahr.

Sonst geht wahrheitsmäßig dieser Tage allerdings einiges durcheinander bei der Union. Was ist das überhaupt, Wahrheit? Die „veritas“ definiert Thomas von Aquin als „adaequatio intellectus et rei“, meint: Übereinstimmung des Geistes mit dem Sein. Schwarze Seelen, schwarze Kassen, missinterpretierten Kanther den armen Kirchenvater wohl etwas. Was wir weitergaben, war wahrscheinlich weniger wahr, wimmert es jetzt aus der Union: Aber richtig war es schon! „Ich habe gelogen, um der Partei zu nützen“, rechtfertigt sich der Prinz. Und dem Paten im Kanzleramt ging es ja auch nur darum, „unseren Leuten vor Ort“ gegen die PDS zu helfen.

„Wahr“ und „richtig“ sind beide das Gegenteil von „falsch“, meinen deshalb zumindest in der Politik noch lange nicht das Gleiche. Dafür muss man nicht einmal die kreative Buchführung der Union bemühen. Wie sagte der Urgrüne Helmut Lippelt über seine aus Mangel an Gelegenheit noch halbwegs integre Partei? „Die SPD hat 100 Jahre gebraucht, um in die Regierungsverantwortung zu kommen. Uns haben nur 20 Jahre gereicht!“ Historisch ist das schlicht falsch. Wahrheit steckt trotzdem drin. Da gibt es nichts zu beschönigen. Robin Alexander

Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen

Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen