piwik no script img

Neumann liefert Jubelperser für Kohl

■ Helmut Kohl soll Ehrenvorsitz der CDU ruhen lassen – Bernd Neumann enthielt sich im Bundesvorstand der Stimme und erneuerte die Einladung zum Neujahrsempfang nach Bremen

„Mit einer Ansprache des Ehrenvorsitzenden der CDUI, Dr. Helmut Kohl“ wird am Freitag der Neujahrsempfang der Bremer CDU stattfinden – auch nach der gestrigen Sitzung des Bundesvorstandes der CDU. Der Bundesvorstand hatte Kohl aufgefordert, seinen Ehrenvortsitz ruhen zu lassen. Am Rande der Sitzung Nachmittag hat der Bremer Landesvorsitzende Bernd Neumann der Generalsekretärin Angela Merkel aber schon signalisiert: Die Einladung nach Bremen bleibt bestehen.

Neumann hatte nicht für diesen Beschluss gestimmt, sondern sich enthalten, berichtete der Bremer Fraktionschef Jens Eckhoff. Es gab noch zwei Gegenstimmen, ansonsten war das Votum des Bundesvorstandes einhellig.

Das Ruhenlassen des Ehrenvorsitzes würde die Aufklärung „nicht weiter voranbringen“, interpretierte Eckhoff Neumanns Enthaltung. Der Fraktionsvorsitzende war über den Beschluss in Berlin auch nicht gerade glücklich. Vergangene Woche hatte er noch Wolfgang Schäuble „amateurhaftes Verhalten“ vorgeworfen. „Das Krisenmanagement halte ich weiter für wenig professionell“, sagte Eckhoff gestern. Aber nach der Ankündigung des Präsidiums, bei einer Demission Schäubles ebenfalls zurückzutreten, „überrascht mich das Abstimmungsergebnis nicht.“ Ein kompletter Rücktritt des Präsidiums hätte der Partei wenig geholfen. Deshalb hätte sicher mancher „mit geballter Faust“ abgestimmt.

Aus ganz anderen Gründen kann der Beschluss des Bundesvorstandes nicht die Erwartungen von der CDU-Bürgerschaftsabgeordneten Viola Mull erfüllen. Nach dem Ex-Innenminister Kanther am Montagabend „viel zu spät und uneinsichtig“ sein Bundestagsmandat niedergelegt hatte, „erwarte ich, dass auch Kohl alle Ämter niederlegt“ – auch sein Bundestagsmandat. Davon war im Bundesvorstand gestern aber nicht die Rede.

In Bremen passiert nach Mulls Meinung nach viel zu wenig: „Ich bin enttäuscht von der Informa-tionspolitik.“ Bisher wurden nur die Ermittlungen abgewartet. „Aber es wird nicht weiter diskutiert, was da läuft.“ Denn es gebe hier keine direkte Betroffenheit: Was auf Bundesebene passiert sei „alles sehr weit weg.“ Auch in puncto Rechenschaftsberichte fordert sie mehr Transparenz und eine Offenlegung der Finanzen. „Man hat uns nur gesagt, es wurde alles ordnungsgemäß verbucht.“ Die Rechenschaftsberichte würden auf den Parteitagen nur mündlich vorgetragen. Ohne große Details zu nennen. Bislang wurde auch nie gefragt, aber jetzt sei es an den Mitgliedern, hier mehr zu fordern.

Der Rechnungsprüfer der Bremer CDU, Stephan von Dellingshausen wollte sich auch gestern nicht zu der Frage äußern, ob es inzwischen eine Überprüfung der Rechenschaftsberichte der Bremer CDU gegeben habe und wie viel die Bremer CDU aus den schwarzen Kassen des Systems Kohl erhalten habe. Bisher hatte Parteichef Neumann 300.000 Mark (1991) eingeräumt, Schäuble 70.000 Mark (1995). Von Dellingshausen verweist an den Schatzmeister. Aber auch der sagt nichts, in der Bremer CDU ist abgesprochen, dass nur der Landesvorsitzende Auskunft gibt. Und der erklärt öffentlich, er habe sich nicht dafür interessiert, von welchem Konto das Geld auf das Bremer CDU-Konto geflossen war.

Die Funktionäre der CDU sagen offiziell nichts zur Lage ihrer Partei, informell räumen sie allerdings Sprachlosigkeit und Entsetzen ein – nicht nur wegen des Vertrauensverlistes, sondern auch wegen der machtpolitischen Folgen bei den anstehenden Wahlen. „Mal sehen, ob Volker Rühe in Schleswig-Holstein das Bremer Ergebnis von Metz 1987 erreicht“, sagte einer zur taz. Metz kam damals auf 23 Prozent der Stimmen.

Die meisten Bremer CDU-Parlamentarier sind gespannt ob es beim Kohl-Besuch am Freitag um die Parteispenden gehen wird. Nach Ansicht von Jens Eckhoff müsse es zumindest von Seiten der Bremer CDU um die Affäre gehen. K.W./pipe

Siehe auch Seiten 1-5

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen