: Generationenkonflikt im Hause Kirch
Leo und Thomas Kirch machen jetzt in Familie: Für Sat.1 bedeutet der Zusammenschluss eine „Verlängerung der Wertschöpfungskette“, für die Zuschauer mehr Wiederholungen
We are family: Nachdem das Fernseh-Engagement von Vater Leo Kirch (u. a. Sat.1, Premiere, Deutsches Sportfernsehen) und Sohn Thomas (Pro7, Kabel 1) jahrelang angeblich nichts miteinander zu tun hatten, durfte immerhin seit der Neustrukturierung der Kirch-Gruppe im Herbst 1999 zusammengezählt werden, was zusammengehört.
Nun folgt der nächste logische Schritt hin zur offiziellen Klanbildung. „Wir wollen eine starke Senderfamilie mit Vater, Mutter, Tochter und Sohn“, verkündet Urs Rohner, designierter Vorstandsvorsitzender der ProSieben Media AG, im heutigen Spiegel. Vorbild, das sagt Rohner zwar nicht wörtlich, ist die RTL-Sendergruppe der Bertelsmann-Tochter CLT-Ufa: Nachdem für teures Geld Rupert Murdochs News Corporation aus dem glücklosen gemeinsamen Sender Vox herausgekauft ist, verfügt Bertelsmann nun mit RTL, RTL II, superRTL und eben Vox über eine leidlich optimale Verwertungskette von der Erstausstrahlung bis x-ten Wiederholung.
Ganz einfach wird die Angelegenheit für Rohner, den Wirtschaftsanwalt aus der Schweiz, allerdings nicht: Zwar haben die Familienpläne der bisher eher flügellahmen ProSieben-Aktie reichlich Aufwind beschert, schwarze Zahlen schreiben Pro7 und Kabel 1 ohnehin. Doch quotenmäßig dümpelt der Jugendsender Pro7 mit seinem Talk-, Serien-, und Spielfilm-Mix vor sich hin und erweist sich trotz aller hartnäckigen Versuche als wenig ausbaufähig. Ob ausgerechnet Rohner hier mit einem besseren Konzept als sein quirliger Vorgänger Georg Kofler auftrumpft, lässt auch Aktionäre zweifeln. Laut Spiegel will Rohner daher auf die jetzt mögliche „Verlängerung der Wertschöpfungskette“ setzen, was für den Zuschauer zunächst schlicht noch mehr Wiederholungen bedeutet.
Auch wenn sich alle Beteiligten über die neuen Familienbande grundsätzlich einig sind, versuchte gestern ProSieben-Sprecher Torsten Rossmann zu bremsen: Jetzt seien erst einmal die Gesellschafter – bei ProSieben vor allem der Einzelhandelsriese Rewe sowie der Axel-Springer-Verlag bei Sat.1 – am Zug, der Begriff „Fusion“ greife außerdem zu weit vor.
Unklar und schwierig jedenfalls wird zukünftig die klare Abgrenzung der Sender-Interessen innerhalb der Familie. Und hier steht wohl eher Sat.1 auf der Gewinnerseite: Anders als RTL und Pro7 hat der Sender bislang noch keinen eigenen Abspielkanal, was sich durch die Familiengründung ändern wird.
Die neue Konstellation verschafft zumindest Klarheit im deutschen Fernsehmarkt: Dem öffentlich-rechtlichen Block stehen jetzt, klar positioniert, die Sender von Kirch und Bertelsmann gegenüber. Steffen Grimberg
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