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Lehrer engagiert gegen Mehrarbeit

■ Erste Demonstration gegen Bögers Pläne. GEW fordert mehr Neueinstellungen und flexiblere Arbeitszeitmodelle. Schulverwaltung vertröstet auf Novelle des Schulgesetzes

Erste Proteste gegen die geplante Anhebung der Pflichtstundenzahl für LehrerInnen gab es gestern an der Werbellinsee-Grundschule in Schöneberg. Auf Plakaten hieß es unter anderem „Arbeit haben wir genug, noch mehr Stunden sind Betrug“ und „Nerven runter, rauf die Stunden, so kann Schule nicht gesunden“. Die SchülerInnen wurden während der Demonstration von LehrerInnen auf dem Pausenhof betreut. Auch Grüne und PDS wandten sich gegen die geplante Mehrarbeit der LehrerInnen.

Schulsenator Klaus Böger (SPD) hatte am Wochenende angekündigt, dass LehrerInnen ab September eine Stunde mehr pro Woche unterrichten müssen, um den Landeshaushalt zu entlasten und den Unterrichtsausfall zu mildern. Gleichzeitig werden in diesem Schuljahr 500 neue KollegInnen eingestellt und im nächsten Schuljahr 600 neue Stellen geschaffen. Die erhöhte Arbeitszeit wird in das Haushaltsstrukturgesetz verankert, das im April verabschiedet werden soll.

Im Personalbereich des öffentlichen Dienstes sollen in diesem Haushaltsjahr 250 Millionen Mark eingespart werden. Fast 16 Millionen Mark davon kommen von eingesparten Lehrergehältern. In den nächsten Jahren müssen weitere 500 Stellen eingespart werden.

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) sprach gestern von einer „Provokation“. Der Chef der Berliner GEW, Ulli Thöne, forderte die Einstellung von mindestens 1.000 neuen LehrerInnen in diesem Schuljahr. Allein in diesem Jahr gingen 1.200 LehrerInnen in Pension. Thöne kritisierte, dass durch die Kürzungen den jungen KollegInnen die Chance genommen werde, einen Arbeitsplatz zu bekommen, das Kollegium überaltere und durch die Mehrarbeit der Krankenstand noch größer werde. Die Mehrarbeit sei rein fiskalisch begründet, aus bildungspolitischer Sicht eine Katastrophe.

Die Arbeit an den Schulen könnte jedoch gerechter verteilt werden: So muss zum Beispiel ein Lehrer in der Oberstufe, der die Leistungskurse Deutsch und Englisch unterrichtet, mehr vor- und nachbereiten als ein Mittelstufe-Lehrer, der Sport und Musik gibt. Diese Mehrbelastung ist bisher jedoch noch nicht detailliert untersucht worden.

Möglicherweise könnte es mehr Arbeitszeitgerechtigkeit geben, wenn die LehrerInnen bis 14 Uhr an der Schule präsent sein müssten. Darüber wird momentan in der Schulverwaltung nachgedacht. Dies funktioniere jedoch nur, so Thöne, wenn die LehrerInnen über einen Arbeitsplatz in der Schule verfügten, um dort zum Beispiel Klassenarbeiten zu korrigieren. Das Lehrerzimmer reiche dazu nicht aus.

Mehr Gerechtigkeit könne auch entstehen, wenn es zukünftig Jahresarbeitszeitmodelle gebe. „In manchen Phasen des Schuljahrs, zum Beispiel, wenn es viele Konferenzen gibt, müssen Lehrer mehr arbeiten“, sagt Thöne. „In anderen weniger.“ Die Mehrbelastung in einigen Monaten könne durch weniger Stunden in anderen Monaten ausgeglichen werden. Schließlich könne es auch innerhalb des Kollegiums einen „Arbeitsaustausch“ geben. Jedoch, betonte Thöne, dürften auch neue Arbeitszeitmodelle bei keinem der Beteiligten zu einer Arbeitszeitverlängerung führen.

Der Sprecher der Schulverwaltung ,Thomas John, hält die Vorschläge der GEW grundsätzlich für sinnvoll. Die Schulen müssten dafür aber mehr Eigenverantwortlichkeit bekommen. John verwies auf das neue Schulgesetz, dass in dieser Legislaturperiode verabschiedet werden soll. Dort ist geregelt, dass die Schulen künftig autonomer und flexibler handeln könnten. Julia NaumannHeute protestiert die GEW um 10 Uhr gegen die Verlängerung der Arbeitszeit vor dem Roten Rathaus in Mitte.

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