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Hohe Lüfte, steife Lappen ■ Von Björn Blaschke
Seit einigen Wochen macht es richtig Spaß, morgens die Zeitungen aufzuschlagen, um herauszubekommen, welche Skandale wieder über Nacht ans Tageslicht gekrochen sind. Der Skandal, der mir am meisten Freude bereitete, bestand aus der Meldung, dass der Untersuchungsausschuss des nordrhein-westfälischen Landtags bei seinen Ermittlungen auf einen Sexskandal gestoßen sei: Es seien in den beschlagnahmten Akten der „Privat Jet Charter“ des Düsseldorfer Piloten Peter Wichmann Fotos gefunden worden; Fotos, die zunächst niemand zu Gesicht bekam, weil es schlüpfrige Fotos sind. Einige Zeit fragte man sich, wer darauf wohl mit wem kopuliert – Heinz Schleußer mit einer Stewardess oder ein Stewart mit der heiligen Johanna? Am Ende kam es heraus. Die Bilder zeigen zu aller öffentlichen Enttäuschung irgendwelche Wirtschaftshansels, vielleicht von der West-LB, die gern höhere Rechnungen für Flüge von der Steuer absetzen, sofern ihnen nur spezielle Dienstleistungen geboten werden.
Was aber, so mögen sich viele fragen, hat diese Herren dazu verleitet, in einem Flugzeug zu pimpern? Die Antwort ist simpel: Sie haben, wie viele Männer mittleren Alters in ihrer Jugend zu oft den ersten Teil der Filmreihe „Emanuelle“ (Die Schule der Lust) gesehen. Der Streifen, ich erinnere mich selbst allzu gerne, beginnt mit einer Sequenz, in der die holländische Schauspielerin Sylvia Kristel lasziv in einem Super-First-Class-Separée-Sessel döst und dabei immer lustiger wird. Dann betritt ein schnurrbärtiger Softpornodödel die Szene bzw. besteigt heftig, aber zart Emanuelle – so zart und heftig, dass die Maschine über die rechte Tragfläche hin abdriftet. Wohin genau, das wissen einzig Eros und Aphrodite.
Welch gerade einmal postpubertärer Eiweißklumpen männlicher Ausrichtung, der seinen Schwanz ohnehin in alles stopft, das auch nur halbwegs feucht ist, wollte so etwas nicht einmal erleben? Ins Flugzeug hinein – und auf eine Frau steigen – Suuuupeeeer! Aber dann die Ernüchterung beim ersten Flug in den Urlaub, allein ohne Mutti und Papi: selbstverständlich Economy Class mit dünner Luft, angereichert mit dem Geruch von Erbrochenem, keine Beinfreiheit, Ellenbogen in den Rippen, alles, aber auch wirklich alles abschnürende Sitze – und die Mädchen neben einem sind auch nicht sehr viel weiter.
Spätestens in diesen Stunden schwor man sich, eines Tages Wirtschafthansel zu werden oder taz-Kolumnist, um sich einen Privatjet mieten zu können, in die blaue Lagune abzudüsen und in einem Super-First-Class-Separée-Sessel Emanuelle nachzuspielen.
Aber, wer weiß, vielleicht wird es ja auch eines Tages wieder so wie früher. In grauer Vorzeit nämlich ist es nach Berichten älterer Fluggäste auch in der Economy Class einmal anders zugegangen. Damals sei die Chefstewardess noch höchst persönlich kurz vor dem Anflug auf den Zielflughafen herumgegangen, um den Passagieren ihre triefenden Geschlechter abzutupfen. Dass diese Behauptung tatsächlich nicht aus der Luft gegriffen ist, beweist die schöne Sitte, den Reisenden – ob von der West-LB oder Ihnen, liebe Leser – noch heute am Ende eines Fluges einen heißen Waschlappen zu reichen. Allerdings gehört der eben eigentlich nicht aufs Gesicht.
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