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„Dr. Jung ist nicht zu fassen“, So., 23. 1., 22.40 Uhr, arte

Max Frisch hätte seine Freunde gehabt: Da gibt ein Mensch seine Identität auf und erfindet sich neu, schöner und besser natürlich. Und verstrickt sich in einem Gewirr aus Lüge und Täuschung, aus dem nur noch der große Knall befreien kann. Auf der Strecke bleiben Außenminister, TV-Moderatoren und Versicherungsmanager. Aber der Reihe nach. Wilhelm Luchs, Jurist und Jesuitenzögling mit dem Willen zum Aufstieg, arbeitet als Sachbearbeiter an einem Gericht in Westdeutschland. Nebenbei macht er in Immobilien und Versicherungen, die Provisionen entsprechen manchmal einem Jahresgehalt. Doch schon bald geht’s daneben: 1986 zu 18 Monaten Haft verurteilt, taucht Luchs ab. Unter verschiedenen Namen führt sein Weg über Karlsruhe und München nach Düsseldorf. Dort kommt Luchs als Dr. Maximilian Jung an: ein eleganter, erfolgreicher Wirtschaftsanwalt mit großer Kanzlei an der Prachtmeile Kö, der sich bald mit hübschen Summen in die High Society der Landeshauptstadt einkauft. Das Geld stammt weiterhin aus nicht immer ganz sauberen Immobiliengeschäften.

Mit dem damaligen Außenminister Klaus Kinkel und TV-Prominenz von Sabine Christiansen bis Max Schautzer hebt Dr. Jung die Kinderschutz-Stiftung „Kinder sind tabu“ aus der Taufe, tingelt durch die Talkshows von RTL bis ZDF, gilt als Gönner, fast schon als Mäzen. Im Juni 1997 erste Gerüchte: Dr. Jung soll sich einen 12-Millionen-Kredit der Kölner Postversicherung erschlichen haben. Ermittlungen, die Bombe platzt, Wilhelm Luchs ist wieder da.

Heute sitzt er eine fünfeinhalbjährige Haftstrafe ab und erzählt artig seine Geschichte. Ohne Reue und Scham, aber erleichtert, dass der immense Druck gewichen ist. Spannender, geradezu grotesk sind die Stimmen, die Autor Klaus Frings von ehemaligen Mitstreitern und der Justiz einholt: Die Lüge als Gesellschaftsspiel – sie wird von allen toleriert, ja akzeptiert –, natürlich nur, solange nichts auffliegt. Steffen Grimberg

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