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Viele Promis, wenig Publikum

Zur Holocaust-Gedenkveranstaltung auf dem Mahnmalgelände kamen weder der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen noch besonders viele Berliner ■ Von Dirk Hempel

Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) hatte ausdrücklich alle Berliner eingeladen. Aber nur wenige sind gekommen. Das Publikum der Gedenkveranstaltung auf dem Gelände des künftigen Mahnmals setzte sich hauptsächlich aus bundespolitischer Prominenz und Journalisten zusammen.

Winzig und verloren wirkt die Veranstaltung auf dem riesigen Sandplatz. An den Einlasskontrollen liegt das nicht – abgewiesen wird am Eingang niemand. Ein junger Mann liefert bereitwillig sein Taschenmesser bei den Ordnern ab, für die zahlreichen Polizisten gibt es fast gar nichts zu tun: Sie regeln den Verkehr auf der Ebertstraße und treten sonst nur einmal in Aktion: Um den Politaktivisten Dieter Kunzelmann zu Beginn der Veranstaltung festzunehmen, weil er gegen die Auflagen seines Hafturlaubs verstoßen haben soll.

Das größte Aufsehen aber gilt nicht dem demonstrativ anwesenden Kunzelmann, sondern dem demonstrativ abwesenden Eberhard Diepgen. Neben dem Regierenden Bürgermeister haben es die meisten anderen CDU-Hauptstadtgrößen vorgezogen, nicht an der Veranstaltung teilzunehmen. Die anwesenden CDU-Politiker wollen das nicht kommentieren: Es sei Diepgens eigene Entscheidung, sagen Kultursenatorin Christa Thoben, Abgeordnetenhauspräsident Reinhard Führer und der Zehlendorfer Bezirksvorsitzende Uwe Lehmann-Brauns fast wortgleich.

Doch die Kritik an Diepgen ist nicht zu überhören. „Jeder blamiert sich, so gut er kann“, sagt Walter Momper (SPD), „beschämend“ findet Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne) das Fernbleiben des CDU-Mannes, Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin (SPD) nennt es „schäbig und kleinlich“.

Nur Berlins Stadtentwicklungssenator Peter Strieder (SPD) springt für den Regierenden in die Bresche: Es spräche nicht gegen Berlin, dass Diepgen nicht da sei, beteuert der SPD-Mann.

Jenseits der Politprominenz sind auch Kritiker gekommen. Vor dem Gelände haben sich Aktivisten der „Initiative gegen den Schlussstrich“ postiert: „Zwangsarbeiter entschädigen jetzt“, fordern sie und halten ein Transparent mit einem Zitat Theodor Adornos: „Aufgearbeitet wäre die Vergangenheit erst dann, wenn die Ursachen beseitigt wären.“ Grundsätzlich, betont eine Sprecherin der Initiative, seien sie nicht gegen das Mahnmal. „Aber es darf nicht dazu dienen, Deutschland reinzuwaschen und freizukaufen.“

Einigen Berlinern geht die Gedenkveranstaltung nicht weit genug: Lutz Rhoman gräbt mit blauen Plastiklöffeln im Sand. „Das ist ein symbolischer Spatenstich für das Mahnmal und zugleich eine Erinnerung an die Zwangsarbeiter, die mit Zahnbürsten Fußböden schrubben mussten“, sagt er. Wer der Toten gedenke, müsse auch an die noch lebenden Zwangsarbeiter erinnern – und daran, dass sie bisher keine Entschädigung bekommen hätten.

Das Rentnerehepaar Gisela und Heinz Neubert, das nach Veranstaltungsende orientierungslos auf das brachliegende Gelände starrt, hat andere Bedenken: „Das kann man doch gar nicht richtig schützen“, sagt sie. Und in Anspielung auf Anschläge von Rechtsradikalen gegen jüdische Einrichtungen und Friedhöfe ergänzt er: „Da gibt es bestimmt so unschöne Vorfälle“.

Siehe Seiten 7 und 20

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