: Ein Vierpfünder als Mittelpunkt des Lebens
Peter Klann, 42, wurde das Brotbacken in die Wiege gelegt, sein Vater war in den Fünfzigern Berlins jüngster Bäckermeister. Aber erst nach einer Lehre als Dreher stieg er ins Handwerk bei Weichardt ein, mit dem die Ökobäckerei in Berlin ihren Anfang nahm. Mit der Ölmühle in Ringenwalde in der Uckermark fand er nach einigen Zwischenstationen schließlich sein Lebensprojekt, das er seit 1997 mit seiner Frau Martina Busch verwirklicht: eine Produktion, in der alle Stoffe verwertet werden.
Was nicht als Öl aus Samen und Nüssen herausgepresst wird, findet Eingang in Aufstrichen, Würzmittel und Brotzutaten. Gegenwärtig arbeitet er an einem Senfpesto. Seit über einem Jahr steht er wieder in der Backstube, wo er an seiner Vorstellung von Brot arbeitet, das sich von der industriellen Sättigungsbeilage emanzipiert. Brot ist für Klann Mittelpunkt des Essens, eine grundlegende Substanz, in der sich der Mensch mit dem ganzen Leib verkörpert sieht. Der etymologische Gleichklang von Leib und Laib verweist auf diese archaische Einheit, und die alte Regel, dass man in das Brot nicht hineinsticht oder es auf den Rücken legt, verdeutlicht den mythischen Charakter.
Klann verarbeitet nur so viel Teig, wie er von Hand kneten kann. Teigzusätze, Lockerungs- und Haltbarkeitshilfen sind ihm ein Gräuel. Er setzt auf die traditionelle, aber arbeitsaufwendige dreistufige Natursauerteigführung, für die er natürliches Backferment nach Hugo Erbe verwendet. Um die Oxidationskräfte zu gewinnen, läßt er frisch vermahlenes Mehl mindestens eine Woche ruhen.
Zweimal die Woche wird gebacken. Der große toskanische Holzbackofen, den Klann mit Lehm ummantelt hat, wird abends mit Buchenscheiten auf achthundert Grad geheizt. Am Morgen wird der auf 150 Grad abgekühlte Ofen mit klein gehacktem Buchenholz wieder auf dreihundert Grad gebracht, ehe er nach dem Auskehren der Brandrückstände mit zwölf Vierpfündern bestückt wird. Die backen bei abfallender Hitze eine Stunde. Dunkel und kühl gelagert, reifen sie ein, zwei Tage aus. Mehr als fünfzig Brote pro Tag sind bei diesem Verfahren nicht drin.
Handwerkliche Sorgfalt und geschmackliche Qualität führen das Zepter. Deshalb verzichtet das Slow Food-Mitglied konsequent auf maschinelle Hilfen und Backzusätze, aber auch auf fundamentalistische Vollkornideologie. Dazu sind ihm seine Geschmackserfahrungen mit portugiesischem und chinesischem Brot viel zu wichtig. Seine Brote genügen höchsten Ansprüchen: Ringenwalder Rundling mit achtzig Prozent Vollkornroggen, Tibeter aus Gerste, Hildegardbrot aus Dinkel mit Kräutern, Südtiroler Schüttelbrot sowie Winterbrot mit Früchten und Nüssen.Eberhard Knödler-Bunte
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