piwik no script img

Konstanter Wechsel

■ Bäumchen wechsle dich, ist die Maxime von Barbara Buhl. Die Direktorin des Bremer Sozialgerichts berät künftig im Netz

Konstant ist bei Barbara Buhl nur der Wechsel. Kaum ist sie länger an einem Ort, fängt „es“ wieder an: Dann hummelt's im Hintern – und schon steht sie wieder in der nächsten Stadt. Berlin, Speyer, Bremen, Göttingen und Tübingen: Die Juristin hat in ihrer beruflichen Laufbahn vieles ausprobiert – und vor der eigenen Pensionierung in knapp zwei Jahren ist ihr auch nicht bange. Dann, sagt die 63jährige, „kann ich ja wieder etwas Neues machen.“

Viele Gespräche im neuen Expertinnen-Beratungsnetz zum Beispiel (siehe Kasten) – weil Juristinnen es heutzutage „viel, viel schwerer haben.“ Wegen dem Sparzwang in Behörden und Gerichten. Und dem überschwemmten freien Anwaltsmarkt. „Da muss man von den Realitäten ausgehen und viel weniger von den Wünschen“, weiß die Direktorin des Bremer Sozialgerichts. Denn allein in ihrem Haus sind acht Richterinnen und Richter aktiv – und neue offene Stellen auf Dauer ungewiss: „Wenn da einer geht, wird die Stelle sicher von der Behörde gestrichen.“

Vor über 30 Jahren dagegen hatte Barbara Buhl gleich zwei Stellen im Angebot – und nach ihrem Jurastudium in diversen Städten einen sicheren Wunsch im Herzen: Richterin wollte sie werden, zwischen zwei Parteien schlichten – um „dann am Ende wirklich selbst entscheiden zu können“. Ihr Wunsch wurde Realität: Mit 28 Jahren wurde sie Bremens erste Richterin am Sozialgericht. Doch als sie nach drei Jahren auf Lebenszeit verpflichtet werden sollte, „ging es wieder los“: Die Hummeln kamen – sie wechselte nach Bonn in die Bundestagsverwaltung.

„Lebhaft und interessant“ war es da für die Juristin, die die Arbeit der Bundestagsabgeordneten acht Jahre unterstützte – in Sozialrechtsfragen, „die damals – ob nun Krankenversicherung oder Rentenreform – enorm gefragt waren.“ Doch irgendwann war ihr die „ganz Zuarbeit“ dann doch zuwenig: „Man war ja im Grunde doch nur ein kleines Rädchen im großen Rad.“

Wirklich „entscheiden“ und selbständig sein: Das kann Barbara Buhl erst in vollen Zügen, seit sie als Direktorin des Bremer Sozialgerichts aktiv sein kann. Auf diesen Posten verschlug es sie nach Bonn – auch wenn ihr der Wechsel von der „riesigen Bundestagsverwaltung mit seinen vielen interessanten Menschen“ zum „winzigen“ Bremer Gerichtshaus nicht leichtgefallen war.

Aber die Eigenverantwortung über das gesamte Haus vom Haushalt bis zum Personal gab schließlich den Ausschlag – und ist bis heute offenbar so attraktiv, dass Barbara Buhl seit 22 Jahren keine größeren Wechselwünsche mehr hat. Aber spätestens jetzt kommt ja auch wieder eine neue abwechslungsreiche Aufgabe – wenn sie im Beratungsnetz jede Woche andere Frauen beraten kann. kat

Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen

Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen