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Euro sinkt auf neues Rekordtief

Gleichwertigkeit zum Dollar unterschritten. Ob die Europäische Zentralbank am Markt interveniert oder die Zinsen erhöht, bleibt Spekulation ■ Von Hermannus Pfeiffer

Hamburg (taz) – Ein Euro ist weniger wert als ein Dollar. Am Donnerstag rutschte der Euro-Kurs gegenüber dem Dollar auf einen weiteren Tiefpunkt ab. Als Schlusskurs notierte die Europäische Zentralbank (EZB) nur noch einen Euro-Kurs von 0,9976 Dollar. Zwischenzeitlich hatte der Euro in Frankfurt noch darunter gelegen. Am Freitag setzte sich der Abwärtstrend fort. Damit hat der Euro seit seiner Einführung vor einem Jahr rund 17 Prozent an Wert verloren.

Kein Wort dazu findet sich in der jüngsten Pressemitteilung der Zentralbank (Stand: 28/01/00 mittags). Und auch ein EZB-Sprecher beharrt gegenüber der taz: „Wir kommentieren solche Kursentwicklungen nicht!“ Es scheint, als ob sich die obersten Währungshüter für unzuständig halten. Schon im Dezember, als der Euro-Kurs erstmals für wenige Stunden unter die Parität mit dem Dollar sackte, hieß es: „Das vorrangige Ziel ist es, die Preisstabilität zu gewährleisten“, also den Binnenwert des Euro zu sichern.

Daher fixiert sich die EZB am liebsten auf eine relativ direkte Steuerung der Inflation und auf das Wachstum der Geldmenge. Erst wenn die mittelbar betroffen sind, intervenieren die Euro-Hüter notfalls am globalen Devisenmarkt: Möglich wäre eine Erhöhung der Leitzinsen, um so die Anlage in Euro international wieder interessanter zu machen und den Euro zu stärken, oder der Verkauf von Dollar-Reserven, um im Gegenzug Euro vom Geldmarkt zu nehmen und das Angebot zu verknappen. „Der jüngste Euro-Tiefpunkt hat keinen erkennbaren Grund“, sagt der Währungsexperte Hans-Jürgen Scharrer. Wie viele Beobachter meint auch der Vizepräsident des HWWA – Institut für Wirtschaftsforschung –, dass die Finanzmärkte lediglich den Euro testen. Wann reagiert die EZB? Bundesbankpräsident Welteke beruhigte derweil den Weltwirtschaftsgipfel in Davos, harte Fakten gäbe es für den Kursrutsch nicht, alles sei nur Psychologie.

Langfristig steht hinter dem Kursrutsch die Konkurrenz der Kontinente sowie einige harte ökonomische Fakten. So boomt die US-Wirtschaft seit sieben Jahren. Auch für dieses Jahr wird ein Wachstum um die vier Prozent erwartet, Deutschland wäre schon über eine zwei vor dem Komma froh. Misstrauisch beobachten die internationalen Finanzjongleure zudem die Schuldenpolitik in Euro-Land. „Weichen Italien oder Frankreich die Maastricht-Kriterien auf?“, fragt ein Analyst.

Die Zukunft des Euro liegt dagegen in einer anziehenden Konjunktur. Kurioserweise kann dabei ein schwacher Euro helfen, weil er europäische Waren außerhalb Europas billiger macht. So weist das Statistische Bundesamt für den deutschen Außenhandel regelmäßig Rekordergebnisse aus. Allein im November wurden Waren im Wert von 48,5 Milliarden Euro exportiert.

Besteht nach dem neuerlichen Kursrutsch Handlungsbedarf? Scharrer: „Die EZB muss jetzt nicht handeln wegen des Dollar-Kurses – aber bald wegen der Inflation.“ Schon im Dezember hat sich ein Trend zu höheren Preisen gezeigt. Zudem belegen die Erfahrungen des 20. Jahrhunderts, dass ohne starke Währung langfristig jede Wirtschaft schwächelt. Höhere Zinsen, um Euro-Anlagen attraktiver zu machen, könnten allerdings den angelaufenen Konjunkturaufschwung bremsen.

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