Demos und Gespräche gegen rechts

■ 300 Menschen demonstrieren in Oldenburg gegen Nazis / Buchladen-Scheibe kaputt / Mögliche Täter Skins aus Hannover?

13.00 Uhr: Es gibt Tage, an denen ist es nicht leicht gegen Nazis zu sein. Der Regen pladdert auf die Dächer, kalter Wind geht durch die Straßen und selbst den beiden Fahrradpolizisten, die in ihrem engen Laubfroschdress über den Schlossplatz rollen, gelingt es nur vereinzelt ein Lächeln auf die Gesichter in der Menge zu zaubern. Es ist der 29. Januar und die Antifaschistische Aktion lädt zu Demo und Kundgebung in die Oldenburger Innenstadt. „Kein Raum für Nazis“ lautet das Motto. Heinz Schmitke, Einsatzleiter der Polizei, sitzt am Rande im Bully und erklärt die Route: Schlossplatz, Huntestraße, Staugraben über Pferdemarkt und zurück durch den Heiligengeistwall, die Wallstraße, Lefferseck und Langestraße. Alles ordnungsgemäß angemeldet.

13.30 Uhr: Der Tross mit den rund 300 Demonstranten setzt sich in Bewegung. Über die Köpfe hinweg schallt aus dem Lautsprecherwagen: „Wir demonstrieren hier heute, um auf die Ereignisse der vergangenen Monate hinzuweisen. Mit Ereignissen meinen wir sowohl den Naziterror auf der Straße, als auch die Reaktionen darauf.“ Die Antifas rufen noch mal lautstark alle Übergriffe in Erinnerung, zum einen die Überfälle auf Lesben, Ausländer und Punks und zum anderen die 30 Verhaftungen auf den antifaschistischen Spaziergängen in der Innenstadt.

14.00 Uhr: Auf dem Pferdemarkt wendet die Demonstration und marschiert in Richtung Wallstraße. Es regnet immer noch. Aus den Lautsprecherboxen tönt nach einem erfreulich abwechslungsreichen Revolution-Mix aus Dub, Folk, HipHop und Mambo der unvermeidliche Ton Steine Scherben-Pathos. Kombiniere: bald ist Kundgebung.

14.30 Uhr: „Die Fascho-Glatzen mögen ja eine Bedrohung sein; aber doch keine, mit der wir nicht alle zusammen fertig werden“, ergießt es sich am Lefferseck auf Demonstranten und Passanten. Erfreulich viele Menschen seien in letzter Zeit gegen Nazis aktiv geworden. Und weiter gewettert: „Meine Zahnbürste? Na gut! Aber mein Land? So'n Quatsch, was gehört mir denn hier schon?“ Ob Oldenburgs Bürger wegen des Regens oder der antifaschistischen Predigten in die Geschäfte flüchten, kann niemand mit Bestimmtheit sagen. Tatsache ist aber, dass die von den Übergriffen betroffenen Gruppen beginnen, miteinander zu kommunizieren. Unlängst stellte ein erstes Treffen zwischen Punks, Schwulen und Lesben im Na Und Verein dies unter Beweis. Auch mit dem Forum gegen Rechts und den antifaschistischen Stadtspaziergängen ist erkennbar, dass parallel politische und aktionistische Antworten auf rechte Gewalt in Oldenburg gesucht werden.

15:00 Uhr: Als die Demonstration in der Langestraße ist, geht das Gerücht um, 15 Skinheads aus Hannover hätten letzte Nacht eine Fensterscheibe in der Carl von Ossietzky Buchhandlung eingeschlagen. Einsatzleiter Schmitke kann dazu nichts sagen und verweist auf das 2. Polizeikommissariat. Dort erklärt ein Sprecher einige Stunden später, laut Zeugenaussagen hätten fünf bis acht männliche Personen Freitag abend um 23.15 Uhr eine Schaufensterscheibe eingeschlagen. Skinheads aus Hannover? Alle sollen sehr kurze Haare gehabt haben, so der Polizeisprecher. Ob es sich dabei um Skinheads handelt, könne er nicht sagen.

15:30 Uhr: Lugt da gerade für einen Moment die Sonne unter der Wolkendecke hervor? Fehlanzeige. Der Wind treibt den Regen schnell wieder vor die Linse. Als der Demonstrationszug den Schlossplatz erreicht, schauert es erneut über Oldenburg. Jens Fliege