:
Lange Nacht: Das Museum als Event
7,5 Millionen Besucher jährlich zählt die Berliner Museumslandschaft mit ihren fast 180 Museen, Sammlungen, Archiven, Gedenkstätten und Ausstellungshäusern. Nicht zuletzt unter dem Druck, zunehmend marktwirtschaftlich kalkulieren zu müssen, verstärken die Ausstellungsmacher indes den Eventcharakter ihrer Schauen. Es gilt, die Massen ins Museum zu locken.
Seit drei Jahren organisiert der Museumspädagogische Dienst Berlin zweimal pro Jahr die Lange Nacht der Museen. Mehr als 50 Museen, Sammlungen und Kunstprojekte öffnen dazu bis 24 Uhr ihre Türen für das breite Publikum: von den großen Museumskomplexen auf der historischen Insel, dem Kulturforum und den Häusern in Dahlem über das Centrum Judaicum bis zum Botanischen Garten. Um das Museum zum wirklichen Erlebnispark werden zu lassen, ergänzen die meisten Häuser ihre regulären Ausstellungen mit speziellen Darbietungen: Führungen, Lesungen, Musik, Tanz, Modenschauen, Filme, Bar und Imbiss.
Der Erfolg spricht für sich: 40.000 Besucher kamen zum letzten Spektakel im August 1999, Publikumslieblinge sind regelmäßig das Pergamonmuseum und der Hamburger Bahnhof. Es zeigt sich, dass kulturelle Kurzweil alle Altersgruppen und Schichten der Bevölkerung anlockt und den klassisch bildungsbürgerlichen Museumsauftrag konterkariert. Wenn die Kulturinstitutionen sich immer mehr zum Entertainer für die Massen entwickeln, bleiben lange Schlangen an den Kassen und der Verschleiß etablierter Museumsmanieren nicht aus. Freilich bleiben den Berlinern die aus anderen europäischen Ländern bekannten Beispiele von Autoverlosungen und luxuriösen Privatdinners in den Ausstellungshallen bisher noch erspart.
Neun Buslinien verbinden zur Langen Nacht alle Museen miteinander. Ein Kombiticket für 20 Mark berechtigt zum Besuch aller Museen samt An- und Abreise im Shuttle-Bus. Die 8. Lange Nacht der Berliner Museen findet am 26. August 2000 statt. Inzwischen haben auch Basel, Wien und Leipzig die Idee kopiert. Der nächste Museumsmarathon ist unter dem Motto „Die Blaue Nacht“ am 20. Mai in Nürnberg zu haben. küp
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen