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Neue Weltkarte für das US-Militär

Porträtaufnahme der Erde: Die Raumfähre Endeavour sollte gestern mit einem deutschen Wissenschaftler an Bord starten. Radarantennen vermessen entlegene Gegenden des Planeten genauer als bisher ■ Von Reiner Metzger

Berlin (taz) – Gestern um 18.47 Uhr unserer Zeit sollte die Raumfähre Endeavour abheben zu ihrer mehrmals verschobenen Mission, einer einheitlichen Kartografierung der Erde. Mit an Bord ist der 46-jährige deutsche Physiker Gerhard Thiele. Er ist zuständig für die vier Radarantennen an Bord, zwei davon eine deutsch-italienische Entwicklung.

Zwei der Antennen bleiben im Space Shuttle, zwei werden an einem 60 Meter langen Gittermast ausgefahren. Dadurch können die Apparate einen Stereoblick auf die Welt werfen. Ähnlich wie ein Paar menschlicher Augen die Entfernung eines Objektes wesentlich besser einschätzen kann als ein einzelnes, können die Radarsender so die Höhenmeter der unter ihnen vorüberziehenden Erdoberfläche viel genauer als bisher vermessen. Die Physiker sprechen von Interferometrie. Und nebenbei freut sich die US-Raumfahrtbehörde Nasa, dass sie mit dem Mast aus Kohlefaserwerkstoff den „längsten steifen Körper“ aller Zeiten in den Orbit bringt.

Was aber soll mit der Karte bezweckt werden? Im Vordergrund steht natürlich die hehre Wissenschaft. Wenn in einem guten Jahr die Daten ausgewertet sind, steht ein Reservoir an digital gespeicherten, also mit dem Computer leicht zu verarbeitenden, Reliefkarten zur Verfügung – vier Fünftel der Erdoberfläche in einem einheitlichen Standard.

Außerdem sind die Daten für die entlegenen Gegenden der Welt präziser als alles bisher gemessene: Die horizontale Auflösung verbessert sich von einem Kilometer auf 30 Meter. Die Höhenmeter liegen dann mit einer Genauigkeit von 16 Metern fest, im günstigsten Fall sogar mit plus/minus sechs Metern. Letzteres freut Erdbebenforscher ebenso wie Hochwasserkontrolleure. Auch Mobilfunkbetreiber können dann zum Beispiel genauer planen, wie sie die Welt am günstigsten mit ihren Handymasten ausleuchten. Für viele Regionen wie Europa oder die USA gibt es jedoch längst genauere Karten. Die Datenmengen bringen also vor allem etwas für schlecht zugängliche Länder.

Und hier genau kommt der Hauptfinanzier der Mission ins Spiel: die National Imagery and Mapping Agency, kurz Nima. Sie versorgt US-Armee und -Geheimdienste mit Karten und musste in letzter Zeit Rückschläge hinnehmen, als zum Beispiel im Kosovo-Krieg eine fehlprogrammierte Lenkwaffe in die chinesische Botschaft einschlug. Bald hoffen sie ihre Cruise Missiles genau auch in die entlegensten Weltgegenden zu senden. Damit feindliche Militärs das nicht können, wird ein Teil der Karten nur mit einer dreimal höheren Ungenauigkeit veröffentlicht – weil Kommunisten und böse Araber ja bestimmt nur ungenaue Daten haben.

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