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Parteiziel: „Sich überflüssig machen“

Jung-Partei „Springender Punkt“ sammelt ihr Programm auf der Straße  ■ Von Peter Ahrens

Volker Posselt wollte immer schon mal eine eigene Partei aufmachen, und er hatte damals sogar schon einen Namen: Deutsche Eigentums-Partei. Das hat aber irgendwie nicht geklappt, und jetzt macht er eben bei Marcus Hiller mit. Einer von 32, die Hiller inzwischen in die Mitgliederkartei seiner neuen Partei „Der Springende Punkt – Die Bürgerpartei“ eingetragen hat. Hiller schlägt die Trommel, sein Programm nennt er ohne falsche Bescheidenheit „Regierungsprogramm“ – wenn es denn eins gäbe. Das Programm wird gerade auf der Straße zusammengesammelt.

Ein Staat, der sich nur um die Innere Sicherheit kümmert und ansonsten den Bürger machen lässt, was des Bürgers ist – so stellt sich der alerte Parteigründer die Demokratie vor. Sozialpolitik? Die Wirtschaft soll die Leistungen erbringen, „das könnte man über Public Private Partnership finanzieren“. Mehr an konkreter Aussage gibt es drei Monate nach Gründung der Partei noch nicht, das soll sich erst bis zum kommenden Frühjahr ändern.

Seine Mitstreiter haben schon genauere Vorstellungen. „Alle Ausländer, die straffällig werden, sofort abschieben“, schlägt Klaus Steger, früher langjähriges CDU-Mitglied im Harburger Kreisverband, vor. „Gegen Dealer wird in Hamburg nichts getan“, klagt er, und die sind für ihn „potenzielle Mörder“. Wirtschaft und Verkehr müsse man fördern, und solche Ideen wie autofreie Tage ganz schnell vergessen: „Das sind Spinnereien, ausgedacht von Leuten, die nie um ihr Geld kämpfen mussten.“ Er dagegen muss: „Ich bin selbstständiger Kaufmann.“

Gesprochen hat Marcus Hiller schon einmal mit FDP, Statt Partei und ÖDP. Ihm schwebt vage eine Form von Wahlbündnis vor. Annäherung an die Statt Partei sei dies aber nicht: „Die bluten ja auch aus. Die haben ihre Chance gehabt.“ Warum Hiller das alles macht? „Es nimmt einem ja niemand ab, wenn man sagt: Man ist ein Idealist.“

Die Volksgesetzgebung – das ist das, worum der Parteigründer sich seine Ideologie strickt. „Die Volksvertreter ignorieren die Volksentscheide“, ist sein Credo, das er regelmäßig mit dem Beispiel der Holzhafen-Debatte am Elbufer belegt – bei der Hiller die Interessen der Bürgerinitiative gegen die Bebauung vertrat. Alle Macht der Volkes Stimme – das andere wird sich finden: „Wir werden in unser Programm das einfließen lassen, was von der Straße kommt.“ Deshalb stehen er und seine Parteifreunde jetzt überall in der Stadt und fragen unter dem Motto „Ihre Meinung, bitte“ die Leute auf Unterschriftenlisten: Wollen Sie einfachere und verständlichere Gesetze? Wollen Sie die Förderung der Volksgesetzgebung? Kreuzen Sie Ja oder Nein an. Genauso hätte man auch fragen können: Wollen Sie mehr Geld und weniger arbeiten?

Marcus Hiller sagt: „Ziel unserer Partei ist es im Grunde, uns überflüssig zu machen.“ Das Ziel ist erreicht.

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