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VerschwörungspraxisBeidseitig 13 Millionen

Alle Indizien sprechen für einen Geheim-Deal zwischen CDU und der Eintracht

Frankfurt/Main (taz) – Seit Wochen nun schon stellt sich die Öffentlichkeit, insbesondere die hessische, zu dämlich an, ein simples zweiteiliges Puzzle zusammenzufügen: Da ist einerseits eine Landes-CDU, die seit Monaten zu rätseln vorgibt, woher denn wohl die 12 bis 13 Millionen Mark stammen, die wundersamerweise zufällig irgendwie immer haargenau auf ihren Schweizer Konten gelandet sind. Auf der anderen Seite haben wir den Bundesligisten Eintracht Frankfurt, der kürzlich bekannt gab, dass ihm genau die Millionen in der Bilanz fehlen, die die CDU zuviel hat. Und beide schweben in akuter Abstiegsgefahr. Wenn das keine Indizienkette ist ...

Erinnern wir uns: Im Sommer 1999 hatte ein neuer Marketingpartner den Frankfurtern noch 15 Millionen Mark für Spielerkäufe zugesteckt. Angeblich wurde das viele schöne Geld für die Weltriesenspieler Salou und Guie-Mien ausgegeben. Aber deren vermutlich gefälschte Vornamen – Bachirou und Rolf-Christel – enthüllen den Deal, der in Wirklichkeit lief: Bakschisch von Eintracht-Präsident Rolf Heller & Pfennig für die Christen-Union.

Spätestens das Abschneiden der Eintracht in der Hinrunde – Platz 17 bei 11 Punkten – belegt ganz klar: Die beiden oben genannten Helden und der hinzukommende Sportkamerad Horst Heldt waren das viele Geld niemals wert. Weshalb man mit Recht annehmen darf, dass es niemals geflossen ist.

Stattdessen wurde es, völlig logisch: der CDU rübergeschoben. So weit die Tatsachenbehauptung. Nur: Wieso das Ganze? Was haben Sport und Politik miteinander zu kungeln? Ist das noch Fußball?

Nun, die Antwort liegt auf der Hand: Seit Osram Heynckes 1994/95 aus niederen Beweggründen (borussische Drill-Besessenheit, Disziplin) die geniale Eintracht-Reihe Yeboah, Okocha, Gaudino zersprengte, hat der Verein sportlich keine Chance mehr. Also galt es, nach sportfernen Strohhalmen zu greifen: Ein Regierungsdekret zur Dauerbefestigung der Eintracht auf Platz 15 der Tabelle. Er war praktisch schon in Sack und Tüten. Insbesondere der unförmige Mittelläufer Kohl, die hessische Unions-Kugel Norbert Blüm (Wandern) und der CDU-Fraktions-Vorfahrende Wolfgang Schäuble hatten viel Sympathie für den Wunsch des Eintracht-Präsidiums, die Entscheidung über Wohl und Wehe ihres „Traditionsvereins“ nicht mehr so unwägbaren Kriterien wie schnellerem Laufen und besserem Kicken zu überlassen.

Mit der Wahl 1998 kam es anders: Der hessische Hobbykicker („Fußball ist für mich wie eine Schreitherapie“) und Marathonläufer (3:41) Joschka Fischer wischte den Entwurf als frisch gebackener Vizekanzler im Herbst 1998 wieder vom Tisch. Die Frage von Auf- und Abstieg solle, so Fischer im Dezember 1998 in einem Vieraugengespräch mit Hobbyradler Scharping, „ausschließlich nach sportlicher Leistung“ entschieden werden.

Jetzt gab es nur noch eine Rettungsmöglichkeit für die Eintracht: Patte an die CDU! Und es klappte ja zunächst auch wie geschmiert: Bimbes-Chef Kohl wies seine Pfälzer Spezis an, im letzten Spiel der Saison 98/99 ausreichend Tore für den Klassenerhalt der Eintracht reinzulassen. Alles perfekt eingefädelt. Aber jetzt? Jetzt sind sie erwischt worden. Was droht? Der CDU: Lizenzentzug. Und der Eintracht? Man spricht vom Entzug des passiven Seitenwahlrechts. Und das wäre mindestens der Anfang vom Ende. Live aus dem Jacobisumpf: Oliver T. Domzalski

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