piwik no script img

Freizeichen für Mobilfunker Vodafone

■ Mannesmann stimmt angeblich Übernahme durch den britischen Telekommunikationsriesen zu. Mannesmann-Chef Esser soll gehen. Mit dem Zusammenschluss entsteht der viertgrößte Konzern der Welt

Berlin (taz) – Die Übernahmeschlacht um Mannesmann ist geschlagen, die Briten haben gesiegt. Gestern Nachmittag stimmte der Aufsichtsrat der Mannesmann AG in Düsseldorf dem anscheinend Unausweichlichen zu. Der genaue Wortlaut der Entscheidung war bis Redaktionsschluss noch nicht bekannt. Doch berichteten verschiedene Nachrichtenagenturen unter Berufung auf „firmennahe Kreise“, dass sich die Kontrahenten nach monatelangem Feilschen in den vergangenen Tagen einigen konnten: Die bisherigen Mannesmann-Aktionäre werden am neuen Gemeinschaftskonzern 49,5 Prozent erhalten. Damit werden die neuen Chefs jedoch trotzdem aus Großbritannien kommen, das Unternehmen wird ein britisches.

Es ist die teuerste Fusion in der Wirtschaftsgeschichte. Vodafone und Mannesmann hatten in einer beispiellosen Werbekampagne jeweils für ihre Ansichten geworben, die Gesamtkosten für Werbung, Anwälte und Berater werden für beide Seiten zusammen auf mehrere Milliarden Mark geschätzt. Mannesmann-Chef Klaus Esser hatte stets betont, dass Mannesmann alleine höhere Gewinnchancen hätte als im Verbund mit Vodafone. Vodafone-Chef Chris Gent war gegenteiliger Ansicht. Sicher ist: Klaus Esser wird dem neuen Unternehmen nicht mehr lange angehören. Er soll wohl nach Vollendung der Fusion aus der Unternehmensführung ausscheiden, so gestern die „Unternehmenskreise“.

Die Aktionäre können sich trotzdem bei Esser bedanken: Seine überraschend heftige und kluge Abwehr hatte dazu geführt, dass Vodafone sein Angebot ständig erhöhte: Am 22. Oktober hatte Chris Gent das Rennen mit einem Angebot im Wert von 240 Milliarden Mark eröffnet. Nach und nach bot er immer mehr Vodafone-Aktien pro Mannesmann-Aktie. Nach gestrigen Börsenkursen waren es nun satte 199 Milliarden Dollar (400 Milliarden Mark), fast den gesamten Wert seines Unternehmens.

Nur wenige Konzerne weltweit sind überhaupt so viel wert. Die Riesensumme verdeutlicht den Aufstieg des britischen Mobilfunkanbieters, der erst im Jahre 1985 gegründet wurde. Der neue Konzern Vodafone-Mannesmann hat an den Börsen laut den Aktienkursen von gestern Mittag einen Wert von 350 Milliarden Dollar, gut 700 Milliarden Mark. Damit ist er der viertgrößte der Welt, nach Microsoft mit 534 Milliarden Dollar, General Electric (446 Milliarden), dem Internet-Krösus Cisco (400 Milliarden) und noch vor dem Chip-Fabrikanten Intel.

Die Aktienkurse der beiden Fusionskandidaten bröckelten gestern jedoch ab. Insbesondere aus dem Mannesmann-Papier wich die Luft der Spekulation. Bei Bekanntwerden der Fusionspläne Ende Oktober kostete eine Aktie 144 Euro, bis gestern Nachmittag war sie auf 340 Euro angestiegen. Und das war auch ein Stück weit gerechtfertigt, da Vodafone sein Angebot pro Aktie tatsächlich oder auch nur in Andeutungen immer weiter in die Höhe geschraubt hatte.

Nach der Einigung gestern dürfte der Höhenflug vorbei sein. „Derzeit gehen einige Portfolio-Manager aus Mannesmann raus, weil sie keine Vodafone-Aktien halten dürfen“, erklärte Reinhard Vennekold, Händler der HypoVereinsbank. Mannesmann wird aus dem Deutschen Aktienindex (Dax) der 30 größten Unternehmen fliegen, weil die Konzernzentrale ja nun nach Großbritannien wandert.

Die Mannesmann AG mit ihren Töchtern wird zwar weiterhin von Düsseldorf aus geleitet, so die Zusicherung von Vodafone-Chef Gent. Doch müssen die Arbeitnehmer letztendlich mit den Briten verhandeln. Und zu entscheiden gibt es in den nächsten Jahren einiges: Ähnlich wie auch schon von der alten Mannesmann-Führung geplant, sollen die Unternehmensteile Stahl, Autoelektrik und andere an der Börse verkauft werden.

Konzernbeobachter begrüßten gestern das Einlenken von Mannesmann. Wenn die bisherigen Mannesmann-Manager mit ihrem Wissen am Zusammenschweißen des neuen Mobilfunkgiganten mithelfen, so sind die Profitaussichten sicherlich besser, als wenn sie grummelnd mit ihrem Wissen zur Konkurrenz gehen. Reiner Metzger

Tagesthema Seite 3

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen