: Lösung kalt entzogen
Gesetzentwurf zu Fixerstuben scheitert im Bundesrat. Hamburger Behörde: Schließung nicht ausgeschlossen, aber „noch weit weg“ ■ Von Sandra Wilsdorf
Arbeiten in Gesundheitsräumen bedeutet auch weiterhin arbeiten in rechtsfreien Räumen: Die Gesetzesnovelle, mit der SPD und Grüne Fixerstuben aus der rechtlichen Grauzone holen wollten, ist gestern am Widerstand der CDU im Bundesrat gescheitert. Bürgermeister Ortwin Runde und Sozialsenatorin Karin Roth (beide SPD) werfen der Union vor, „ein drogenpolitisches Desaster“ verursacht zu haben.
Peter Zamory, gesundheitspolitischer Sprecher der GAL-Bürgerschaftsfraktion spricht von einer „Katastrophe für Hamburgs Bürger“. Sein Kollege Lutz Jobs von der Regenbogen-Gruppe ist „enttäuscht“, und sogar der CDU-Abgeordnete Dietrich Wersich findet das Scheitern „bedauerlich“.
Hamburg ist sich einig. Und nun? „So lange das Gesetzgebungsverfahren nicht ganz am Ende ist, wird sich nichts ändern“, sagt Stefan Marks, Sprecher der Sozialbehörde. Die Schließung der Gesund-heitsräume sei zwar nicht ausgeschlossen, „aber sie ist sehr weit weg“. Die Behörde hofft auf einen Vermittlungsausschuss von Bundesrat und Bundestag. Aber: „Das Damoklesschwert schwebt weiterhin über den Mitarbeitern der Gesundheitsräume, obwohl die mit öffentlichen Geldern den einhelligen politischen Willen dieser Stadt erfüllen und Drogenabhängigen helfen.“
Kritik an rot-grün selbst kam von Rainer Schmidt vom Drogenhilfe-Verein „freiraum“. Das einzig Gute an dem Gesetz, so Schmidt, „war die Straffreiheit für die Mitarbeiter. Ansonsten war es nicht praktikabel.“ Wie solle man beispielsweise eine Altersbegrenzung der Drogenabhängigen durchsetzen, die in die Fixerstube kommen dürfen? Und wie verhindern, dass auch Erst- und Gelegenheitskonsumenten kommen?
Schmidt wirft der Bundesregierung zudem „Dilletantismus“ vor: Der Weg über den Bundesrat sei unnötig gewesen. Es hätte genügt, im Bundestag einen Zusatz zum Betäubungsmittelgesetz (BTM) zu beschließen, dass selbiges für Mitarbeiter von Gesundheitsräumen nicht gilt. Das hätte kein Bundesland gezwungen, Fixerstuben einzurichten, den anderen aber Rechtssicherheit gegeben, so Schmidt: „Aber die hatten Angst vor der eigenen Courage.“
Der Weg über eine Änderung des BTM oder der Strafprozessordnung ist noch immer offen. „Das Gesundheitsministerium hat sich aber für den anderen Weg entschieden, um auch das CDU-regierte Hessen einzubinden“, sagt Marks. Denn in Frankfurt würden ebenfalls Fixerstuben betrieben und von der Staatsanwaltschaft geduldet.
In Hamburg strebt die Staatsanwaltschaft einen Musterprozess gegen zwei Betreiber von Gesundheitsräumen an. Der Verhandlungstermin war Ende 1998 aufgehoben worden – mit Blick auf die nun vorerst gescheiterte Novelle. „Wir warten jetzt das weitere Gesetzgebungsverfahren ab“, kündigt Gerichtssprecherin Sabine Westphalen an, „vielleicht kommt es noch zu einer Einigung“.
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