Kirche holt Wirklichkeit ein

■ Synode beendet Streit mit Kompromiss: Nicht verheiratet zu sein, ist nicht so gut wie getraut, wird aber geachtet

Zunächst mal ging es um das, um das es nicht gehen sollte: „Es geht bei dieser Frühjahrstagung um Ehe, Familie und andere Lebensformen. Dabei reden wir nicht über homosexuelle Ehen, sondern um eheähnlice Gemeinschaften von Mann und Frau“, betont Elisabeth Lingner, Präsidentin der Synode der Nordelbischen evangelisch-lutherischen Kirche, die von Donnerstag bis Sonnabend im Schnelsener Novotel tagte.

Das hätten einige Medien im Vorfeld falsch verstanden, denn viele hätten für dieses Wochenende einen Beschluss zum Thema Homosexualität angekündigt. „Dazu haben wir vor drei Jahren ein Beschluss gefasst, und der gilt.“ Dass auch kirchliche Initiativen im Hinblick auf die Tagung den Wunsch geäußert hatten, Homosexualität möge in der Kirche weniger diskriminiert werden, ändere daran nichts.

Fortschritte gab es hingegen in Sachen eheähnlicher Gemeinschaften. Mit großer Mehrheit stimmte das Kirchenparlament einem Beschlussvorschlag von Kirchenleitung und Mitgliedern des Synoden-Präsidiums zu, der die Bedeutung der Ehe betont, eheähnliche Gemeinschaften von Mann und Frau aber gleichwohl achtet.

Die Synode legt damit einen jahrelang schwelenden Streit bei. Die Bischöfe Karl Ludwig Kohlwage und Hans Christian Knuth hatten gegen einen Beschluss der Synode von 1996 ihr Veto eingelegt, der nichteheliche Gemeinschaften und die Ehe gleichstellen wollte.

In der neuen Formulierung sei bewusst auf die Formulierung der „Ehe als Leitbild verzichtet worden“, sagt Jörn Halbe vom Theologischen Beirat. „An seine Stelle tritt das biblische Verständnis der Ehe als Abbild der Liebe Gottes.“ So würde weder eine Gleichrangigkeit noch eine Nachrangigkeit behauptet. Für PfarrerInnen ist trotzdem Hochzeit Pflicht: Wilde Ehen im Pfarrhaus bleiben zunächst verboten. Trotzdem: „Die Synode ist über den Kompromiss sehr erleichtert. Einige wären gerne noch weitergegangen“, sagt Lingner.

Die Synode beschloss außerdem, dass PastorInnen im Bereich der Nordelbischen Kirche sich selber um eine Stelle als Propst oder Pröpstin bewerben können. Bisher hatte ein Pröpstewahlausschuss des jeweiligen Kirchenkreises einen Wahlvorschlag gemacht, die Synode konnte ergänzen. Die neue Regelung soll die Wahl demokratisieren und den Kreis der BewerberInnen erweitern. Sandra Wilsdorf