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Stipe Mesic ist Sieger der Präsidentschaftswahlen in KroatienParadigmenwechsel auf dem Balkan

Die kroatischen Wähler sind nicht auf die teilweise bösartige Propaganda des sozialliberalen Kandidaten Dražen Budiša hereingefallen. Mit der Wahl Stipe Mesić’ haben sie in erstaunlichem Maße demokratische Reife bewiesen. Innenpolitisch ist eine Machtbalance entstanden. Wahlsieger Mesić wird als Vertreter des kleineren Koalitionspartners Četvorka dem stärkeren Regierungsbündnis von Sozialdemokraten und Sozialliberalen auf die Finger schauen. Indem Premierminister Ivica Račan den Kandidaten Mesić im Wahlkampf als „neuen Tudjman“ bezeichnet hatte, werden sicherlich einige persönliche Narben bleiben. Doch angesichts des Umstands, dass mit der Implosion der ehemaligen Regierungspartei HDZ eine echte Opposition nicht existieren wird, ist das zur Regierung entstandene Gegengewicht durch Mesić durchaus positiv.

Außenpolitisch ist die Wahl Mesić’ ein Glückstreffer. Der fälschlicherweise in Deutschland als „konservativ“ eingestufte Politiker steht für eine aktive Politik der Integration in das Europa der EU. Und: Vor allem bei den Muslimen Bosnien-Herzegowinas stößt Mesić auf Sympathien, während die kroatischen Nationalisten in Mostar schwierigen Zeiten entgegensehen. In Serbien hätten der Haider-Freund Slobodan Milošević und die Neofaschisten von Vojislav Šešelj am liebsten einen Sieg der Tudjman-Anhänger gesehen – denn die Nationalisten brauchen sich gegenseitig, um mit der Schürung von Konflikten ihre eigene Herrschaft zu legitimieren. Doch viele Serben, vor allem die Flüchtlinge, hoffen auf die Entspannung, die durch Mesić und Račan gemeinsam versprochen wird. Sie werden in größerer Zahl als bisher in ihre kroatische Heimat zurückkehren.

Mit dem Abschluss des Wahlprozesses in Kroatien hat sich die politische Konstellation auf dem Balkan dramatisch verändert. Kroatien hat bewiesen, dass ein demokratischer Machtwechsel gegen alle Widerstände von Nationalisten und Kriegsgewinnlern möglich ist. Dass in Kroatien während der Zeit des Tudjman-Regimes eine echte demokratische Alternative entwickelt wurde, unterscheidet das Land von anderen exjugoslawischen Staaten. In den komplizierten Verhältnissen Bosnien-Herzegowinas wird der Prozess der Ablösung der nationalistischen Kräfte der drei Volksgruppen durch zivile, linksdemokratische Kräfte noch dauern, ist aber nur eine Frage der Zeit. In den verworrenen Verhältnissen Serbiens ist jede Entwicklung denkbar – das Feindbild Kroatien jedenfalls ist brüchig geworden. Erich Rathfelder

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