: Bald Appetitzügler für fusionshungrige Konzerne
Regierung will per Gesetz feindliche Übernahmen erschweren und nicht länger auf EU-Richtlinie warten ■ Von Katharina Koufen
Berlin (taz) – Die Bundesregierung will angeblich bereits im April ein Gesetz vorlegen, das Firmenübernahmen regelt. Ursprünglich wollte man in Berlin warten, bis in Brüssel eine EU-Richtlinie zu diesem Thema verabschiedet wird. Doch dieses Vorhaben der Europäischen Union wurde immer wieder verzögert, zuletzt wegen Widerständen aus Spanien und Großbritannien.
Auch von deutscher Seite gibt es noch Einwände, weil der Entwurf keinen wirksamen Schutz gegen „feindliche Übernahmen“ vorsieht. „Das wird die Bundesregierung aber auch nicht durchsetzen“, sagte Jochen Denkinger, Wirtschaftsreferent der Grünen im Europaparlament, der taz.
„Wir arbeiten an einem solchen Gesetz“, hieß es gestern im Bundesfinanzministerium. Noch gebe es keinen Referentenentwurf. Das Gesetz werde an die EU-Richtlinie angepasst, falls Divergenzen bestünden, sagte eine Sprecherin. „Wir orientieren uns aber an den Vorgaben aus Brüssel.“
Wie die Europäische Kommission die Übernahmen von Unternehmen künftig in feste Regeln betten will, steht indes schon so gut wie fest: So sollen die Minderheitsaktionäre nach einer Übernahme für ihre Anteile Bargeld oder liquide Wertpapiere erhalten. Den Aktionären muss ausreichend Zeit und Information gegeben werden, um den Verkauf ihrer Anteile überdenken zu können.
„Wir wollen ein offenes Land bleiben, auch für Übernahmen durch ausländische Unternehmer“, sagte Bundeskanzler Gerhard Schröder am Montag. Die Übernahmeschlacht zwischen der deutschen Mannesmann AG und der britischen Vodafone Airtouch sitzt den Politikern aber noch in den Knochen. Nun sollen die Unternehmen die Möglichkeit bekommen, sich gegen solche Angriffe besser als bisher zu wehren.
Dazu solle die Erhöhung des Grundkapitals künftig als Abwehrmaßnahme erlaubt sein, wenn die Hauptversammlung der AG in den vorausgegangenen eineinhalb Jahren dazu einen Beschluss gefasst hat. Das meldet die Berliner Zeitung unter Berufung auf Regierungskreise. Weiter heißt es, dass auch der Verkauf von Geschäftsbereichen erlaubt sein soll, wenn eine Übernahme droht. Für beide Maßnahmen benötige der Vorstand allerdings die Zustimmung der Hauptversammlung. Damit beide Gremien die Zeit haben, sich untereinander abzustimmen, schlägt die Regierung eine Mindestfrist für die Laufzeit eines Angebots vor.
Wer ein Unternehmen kaufen wolle, müsse in seinem Angebot exakte Angaben zu seinen Plänen machen, so die Zeitung. So soll Klarheit darüber herrschen, ob etwa Geschäftsbereiche ausgegliedert oder Beschäftige entlassen werden sollen. Zudem wird nach dem Willen der Regierung das Bundesaufsichtsamt für den Wertpapierhandel künftig solche Angebote prüfen und auch Bußgelder verhängen, falls es Grund zur Beanstandung gibt.
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