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Keine Kampagne gegen Bonner und Reiche

Staatsschutz: „Maxwell“-Anschlag gar nicht gegen Luxusrestaurant gerichtet

Die Inhaber von edlen Speiselokalen können aufamten – trotz des Anschlags auf das Restaurant „Maxwell“ in Mitte. „Wir haben keine Anhaltspunkte dafür, dass es sich bei dem Anschlag auf das Maxwell um eine Kampagne gegen Nobelrestaurants handelt“, sagte gestern der Chef des Staatsschutzes, Peter-Michael Haeberer. Er gehe vielmehr davon aus, dass sich der Anschlag gegen die Umstrukturierung des Kiezes richtete.

Am vergangenen Samstag waren etwa zehn vermummte Personen in einen Hinterhof in der Bergstraße in Mitte eingedrungen. Dort zertrümmerten sie mehrere Fensterscheiben und kippten im Hof Buttersäure aus. Das eigentliche Ziel sei nicht das Restaurant gewesen, sondern ein im gleichen Gewerbehof gelegenes Architekturbüro, glaubt Haeberer. Um Genaueres zu erfahren, hofft er auf den Eingang eines Bekennerschreibens.

Der an der Grenze zu Wedding gelegene Kiez zwischen Gartenstraße und Ackerstraße erfährt zur Zeit einen grundlegenden Wandel durch Sanierungsmaßnahmen. „Durch die Umwandelung in Eigentumswohnungen ist ein immenser Verdrängungsdruck entstanden, der die Leute zum Wegziehen zwingt“, beschreibt ein Anwohner die Situation. Der Staatsschutz vermutet, dass der Anschlag im Zusammenhang mit „Entmietungen“ in der Häuserzeile gegenüber dem „Maxwell“ steht. Möglicherweise seien die Täter davon ausgegangen, dass sich der vom Anschlag betroffene Architekt an den Sanierungen beteilige. Dies sei aber nicht der Fall. Im Kiez habe es bereits 1998 gewaltsame Proteste gegen Sanierungsmaßnahmen gegeben, erinnert sich Haeberer.

Die Vermutung, dass es sich bei dem Anschlag um eine willkürliche Aktion gegen „unerwünschte Bonner und Reiche“ handeln könnte, hält der Staatsschutzchef für abwegig. Es gebe auch keine Belege für die Theorie, dass der Strukturwandel Berlins die linksextremistische Szene zu neuen Taten beflügele. Dass der Anschlag gar nicht dem „Maxwell“ galt, wird im Kiez bezweifelt. Schließlich habe die Nobelgaststätte bei den Gegnern der Eigentumsbildung einen „Symbolwert“, weil es das erste Restaurant dieser Art im Kiez sei. Plutonia Plarre

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