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beiseiteRowohlt Berlin

In Frankfurt wird sehr genau gelesen. Den Kollegen der FAZ entging die kleine Meldung im Branchenmagazin Buchmarkt nicht: Der Verlag Rowohlt Berlin, stand da zu lesen, werde in Zukunft sein Sachbuch-Programm auf etwa 30 Titel aufstocken, die schöne Literatur dagegen mit 4 Titeln im Jahr auskommen. Das allein wäre schon bemerkenswert.

Die FAZ recherchierte und veröffentlichte gestern die Hintergründe: Rowohlt Berlin, seit 1990 eine Tochtergesellschaft des großen Hamburger Rowohlt Verlages, soll seine Programmhoheit verlieren. Statt vorwiegend osteuropäische – und bekanntlich nicht ganz so marktgängige – Titel zu verlegen, wird man sich am Gesamtprojekt des Rowohlt Verlages beteiligen müssen: nämlich „Speerspitze des Mainstreams“ zu sein, wie Verlagschef Nicolaus Hansen das gerne nennt.

Nur gut, dass bei Rowohlt Berlin genauso genau gelesen wird wie in den Frankfurter Redaktionsbüros. So erfuhr man dort ebenfalls in der vorigen Woche über die geplante Umstrukturierung des eigenen Verlages. Und konnte sich schon mal beim Mutterverlag in Hamburg erkundigen, um jetzt die Auskunft zu geben: „Alles, was in dem FAZ-Artikel steht, stimmt.“ Im Hamburger Haupthaus gibt man sich noch bedeckt und spricht auf Nachfrage von „ganz normalen Vorgängen im Geschäftsleben“.

Die Neuordnung des Rowohlt Verlages, der zur Holzbrinck-Gruppe gehört, liegt tatsächlich im Trend: Große Verlagshäuser wie Bertelsmann oder das Münchener Verlagshaus Goethestraße schaffen verstärkt Verlagsstrukturen, die ein möglichst einfaches Verteilen der Titel ermöglichen. Im Fall Rowohlt heißt das: Die Hamburger Chefs Nicolaus Hansen und Peter Wilfert – der gerade erst in die Verlagsleitung eingetreten ist – machen das Programm, und „Rowohlt Berlin“ funktioniert nicht mehr als Verlag, sondern als Label: Literatur sei eh ein „Markenartikel“, hatte Peter Wilfert seinen Berliner Kollegen noch bei einem Antrittsbesuch erklärt.

Welche personellen Konsequenzen jetzt anstehen, ist noch unklar. Die Berliner Mitarbeiter sind bisher auf Branchengerüchte angewiesen. Dass Inka Brodersen, die den Verlag 1990 mit Michael Naumann gegründet und seitdem geleitet hat, große Lust hat, in neuer Funktion für Rowohlt in Berlin „Markenartikel“ vertreiben – das kann man sich nur schwer vorstellen. men

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