piwik no script img

Dauerfeuer über Bergen

Im Süden Tschetscheniens verstärkte Angriffe. Maskhadow erklärt Guerillakrieg

Moskau (dpa/rtr/AFP) – Mit pausenlosen Luftangriffen und Dauerfeuer der Artillerie hat die russische Armee am Freitag offenbar ihre Schlussoffensive gegen Tschetschenien vorbereitet. Serien von Bomben- und Raketenangriffen sowie ein Trommelfeuer der Artillerie sollten die Stellungen der Rebellen im Gebirge im Süden der Kaukasus-Republik sturmreif schießen. Innerhalb von 24 Stunden seien über 160 Bomben- und Raketenangriffe gegen Stützpunkte der Rebellen im Argun-Flusstal und bei Wedeno geflogen worden, berichtete Interfax. Dabei wurden erneut 1,5-Tonnen-Bomben von großer Zerstörungskraft eingesetzt, so genannte Vakuumbomben. Nach Angaben des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz verstößt ihr Einsatz gegen das Genfer Kriegswaffenkontrollgesetz.

Zuvor hatte der tschetschenische Präsident Aslan Maskhadow den russischen Truppen den landesweiten Guerillakrieg erklärt. Die Russen würden künftig von den Kämpfern überall angegriffen, „in den Bergen, in der Ebene und in jedem Dorf der Republik“, drohte Maskhadow gestern im russischen Privatsender NTV. Er bezeichnete die russischen Angriffe als „Krieg gegen das tschetschenische Volk“. Alle Tschetschenen hätten verstanden, dass der Einsatz nichts mit einem Kampf gegen Kriminalität oder Terrorismus zu tun habe.

Der Kreml-Berater Sergej Jastrschembski wertete Maskhadows Äußerungen als „Propagandakrieg“. Je weniger Kämpfer die Rebellen der Armee in der direkten Konfrontation entgegenzustellen hätten, desto stärker würden sie ihre Zuflucht im Krieg der Worte suchen. Zugleich bestätigte er, dass es mit Einverständnis des Kreml auf unterer Ebene Kontakt zu Maskhadow gebe.

Unterdessen warf die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch in New York der russischen Armee erneut willkürliche Erschießungen von Zivilisten in Tschetschenien vor. Beobachter hätten gesehen, wie Soldaten einen Mann und zwei weitere Personen weggeschleppt hätten. Die Leiche des einen sei später von Kugel durchsiebt aufgefunden worden.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen