Deutscher UN-Diplomat räumt in Bagdad das Feld

Hans von Sponeck gibt seinen Posten als Hilfskoordinator im Irak nach anderthalb Jahren auf. Damit protestiert er gegen die verfehlte Sanktionspolitik der Vereinten Nationen

Kairo (taz) – Nun hat der höchste UN-Beamte in Bagdad doch das Handtuch geworfen. Hans von Sponeck, UN-Koordinator für „Humanitäre Fragen im Irak“, gibt seinen Posten auf und hat UN-Generalsekretär Kofi Annan um seine Ablösung zum 31. März gebeten.

Der Deutsche hatte in den letzten Monaten immer weniger einen Hehl aus seinem Unmut über die UN-Sanktionen gegen Irak gemacht. Die Sanktionen seien eine „humanitäre Katastrophe“, ließ er öffentlich verlauten.

Nach dem Iren Dennis Halliday ist von Sponeck bereits der zweite Inhaber dieses Amtes, der frustriert aufgibt. Als er vor eineinhalb Jahren Hallidays Nachfolge antrat, gab er sich noch zuversichtlich, das Amt meistern zu können. Zuständig war von Sponeck für das so genannte Öl-für-Nahrungsmittel-Programm, das dem Irak erlaubt, Öl zu verkaufen und dafür unter Aufsicht der UN Nahrungsmittel und Medikamente einzukaufen. Als UN-Koordinator dieses Programms sollte von Sponeck im Namen der UN die Folgen jener Sanktionen mildern, die von der UN selbst ausgerufen wurden. Wie er zugab: mit geringem Erfolg. Das Progamm decke nicht einmal das Minimum der Bedürfnisse der irakischen Bevölkerung, ließ er mehr als einmal verlauten. Andere Berichte, wie der des UN-Kinderhilfswerk Unicef vom letzten Sommer, fasste Sponecks Frustration in erschütternde Zahlen. Danach soll sich die Sterblichkeitsrate der irakischen Kinder in fünf Jahren seit Beginn der Sanktionen verdoppelt haben. Über eine halbe Million Kinder sollen im Zusammenhang mit den Sanktionen gestorben sein. „Wie lange soll die unschuldige irakische Bevölkerung dieser Strafe ausgesetzt sein, für etwas, an dem sie keine Verantwortung trägt?“, fragte Sponeck und plädierte dafür, die Erleichterung der Sanktionen von Fortschritten im irakischen Abrüstungsprogramm zu trennen.

In Washington und London dürfte man jetzt ob des Abgangs des unbequemen UN-Diplomaten aufatmen. In den letzten Monaten hatten U.S. State Department und das britische Foreign Office UN-Generalsekretär Kofi Annan unter Druck gesetzt, sich von seinem aufmüpfigen Mitarbeiter in Bagdad zu trennen. Annan hatte sich stets hinter Sponeck gestellt. Im Mai hätte der Vertrag Sponecks verlängert werden müssen. Aus Kreisen um Sponeck heißt es, der Deutsche sei jetzt zurückgetreten, um den UN-Generalsekretär nicht noch mehr in die Zwickmühle zu bringen und ein Zeichen zu setzen.

Annan selbst indes macht gute Miene zum bösen Spiel und akzeptierte den Rücktritt mit Bedauern. „Die Sicherheitsrat-Resolutionen sind klar, und wir werden an unserem humanitären Programm festhalten und es so effektiv wie möglich gestalten, um das Leiden des irakischen Volkes zu mildern“, erklärte der UNO-Chef. Wer nächster UN-Koordinator in Bagdad wird, ist unklar. Bisher sind noch keine Namen im Spiel für einen Job, von dem UN-Sprecher Fred Eckard einmal sagte, er sei so etwas wie „politischer Fußball“. Karim El-Gawhary