Die Basis sucht noch nach der neuen Rolle

Zehn von 26 FDP-Kreisverbänden haben sich für einen Sonderparteitag ausgesprochen. Der könnte schon bald für Absetzung Kochs sorgen. Frankfurter FDPler mahnen zur Ruhe

Wenn Roland Koch gehen muss, dann wird auch Ruth Wagner politisch nicht überleben, meint der Fuldaer Kreisvorstandssprecher Joseph Mayer

Der Frankfurter FDP-Bundestagsabgeordnete Hans-Joachim Otto war einer der sieben von 22 Landesvorstandsmitgliedern, die der hessischen Parteichefin Ruth Wagner unterlegen waren. Er hatte am Samstag in Lich gegen die Fortsetzung der schwarz-gelben Koalition votiert. Otto ist seit gestern ein guter Verlierer. Eindeutige Abstimmungsergebnisse, sagt er, müsse man eben akzeptieren. Sein „frommer Wunsch“ sei nun jene Ruhe nach dem Licher Sturm, die es, ahnt er, an der Basis nicht geben wird.

Otto mahnt immer wieder zur Besonnenheit, sowohl in Richtung des Berliner Bundesvorstandes als auch in jene der grollenden hessischen FDP-Mitglieder. Von denen ist, schätzt auch Ruth Wagner, etwa die Hälfte gegen das Festhalten an Ministerpräsident Koch. Sie werden auf einen Sonderparteitag noch vor dem offiziellen Parteitag am 25. März drängen. Der könnte noch im Februar einberufen werden.

Dazu brauchte es nach der Parteisatzung die Anträge von sieben der insgesamt 26 Kreisvorstände. Zehn haben sich nach jüngsten Umfragen bereits dafür ausgesprochen. Das entspricht genau der Zahl der Kreisvorsitzenden, die in Lich gegen Koch gestimmt hatten. Elf waren für den Verbleib des Ministerpräsidenten gewesen, fünf hatten sich nicht entscheiden können. Förmliche Beschlüsse der Kreisvorstände gibt es aber noch nicht. Die ersten wollten aber bereits gestern Abend zu Beratungen zusammenkommen.

Im internen Streit der Frankfurter Freidemokraten wird vor allem sportlich getritten. Otto riet, „den Ball flachzuhalten“. Er jedenfalls wolle „nicht nachtreten“ Die Frankfurter FDP, die zunächst lauthals den Rücktritt von Koch gefordert hatte, rudert nun – nach heftigen Kontroversen – wieder zurück. Ihr Vorsitzender Franz Zimmermann riet zu Besonnenheit. Ebenso wie Otto hält er einen Sonderparteitag inzwischen nicht mehr für erforderlich: „Nicht nachtarocken.“ Außerdem dürfe der Streit nicht überbewertet werden, sondern sei ein „Zeichen innerparteilicher Demokratie“. Nur die Jungen Liberalen am Main sind vorerst nicht zu besänftigen. „Den Teufel“ werde er tun, nicht aber das Verhalten Kochs rechtfertigen, sagte der Vorsitzende der Jungen Liberalen, Maximiliam Thoma, und klagte: „Der Landesvorstand ignoriert die Basis.“

Harsche Töne fand gestern auch der Fuldaer Kreisvorstandssprecher Joseph Mayer. Er sah das Schicksal von Ruth Wagner für die Zukunft mit dem von Koch verknüpft. Wenn der gehen müsse, dann werde auch Wagner das „politisch nicht überleben“. Er rief die Basis zur Meuterei gegen die Führungsspitze auf: „Sollte das nicht gelingen, sehe ich schwarz für die Liberalen in Hessen.“ Der stellvertretende Landesvorsitzende Becker reagierte gestern Mittag auf Zimmermann, rügte dessen Wortwahl, besänftigte aber: „Wenn gekocht wird, wird es manchmal etwas heiß in der Küche.“ Er verlangte Ruhe für die Hessen: „Aus Berlin kann nur noch Schädliches kommen.“ Heide Platen,

Frankfurt/Main