Denn sie wissen nicht, was sie tun ...

■ Nur durch ein glückliches 2:1 nach Verlängerung gegen die zweitklassigen Stuttgarter Kickers bekräftigt Werder Bremen sein Abonnement auf das Finale des DFB-Pokals / Mit einem Bein stehen die Bremer damit in einem internationalen Wettbewerb

Die Profis von Werder Bremen spielen zu viel Fußball. In ihrem vierten Spiel innerhalb von elf Tagen hätten sie zwei Möglichkeiten gehabt, die Arbeitszeit ein wenig zu verkürzen: entweder glatt gegen die Stuttgarter Kickers gewinnen, um nach 90 Minuten Feierabend zu haben, oder verlieren. Dann hätten sie sich die Reise nach Berlin zum Pokalfinale am 6. Mai erspart.

Aber die dauergestressten Fußballer ließen zunächst keinen Zweifel daran, dass sie nach Berlin wollten. Schließlich locken dort nicht nur Einnahmen in Höhe von über zwei Millionen Mark, sondern vor allem der Zugang zu den europäischen Fleischtöpfen. Vom Anstoßpunkt rannten die Werder-Spieler los, als müssten sie zu Fuß ins Berliner Olympiastadion laufen. Ganze 102 Sekunden dauerte es, bis die Weichen gestellt schienen: Chris-toph Dabrowski köpfte Werders erste Ecke ins Stuttgarter Tor.

Wer nun ein Schützenfest erwartete, wurde enttäuscht; wer ein Erlahmen des Werder-Elans befürchtete, angenehm überrascht. Die Bremer wirkten fast übermotiviert und spielten weiter druckvoll, konzentriert, bissig. Da wurde nachgesetzt, Anweisungen gezischt, mit den Armen gerudert – aber die schlechteste Abwehr im deutschen Profifußball sah man den Kickers nicht an. Und mit schnellen Kontern, vor allem über Alves Cassio, zeigten die Schwaben die Schwächen der Bremer Deckung auf.

Nach der Pause entdeckten die Gäste, dass sie auch selbst das Spiel machen können und nicht zum bangen Warten auf die Konterchance verurteilt sind. Mit Härte setzten sie Werder unter Druck und der amtierende Pokalsieger geriet gehörig ins Schwimmen. Schließlich schienen nur noch Bernhard Trares und Ailton zu wissen, wo das Kickers-Tor stand, und versuchten sich in Entlastung. Den fälligen Ausgleich konnten sie damit nicht verhindern. Nachdem Frank Rost reihenweise gute Möglichkeiten vereitelt hatte, wurde er acht Minuten vor dem Ende schließlich vom eingewechselten Mustafa Özkan mit einem Kopfball überlistet.

Es war passiert. Absolute Stille im Werder-Fanblock, als klar war, dass die ausgelaugten Bremer Profis noch eine weitere halbe Stunde würden anrennen müssen. Es hätte vergebens sein können, hätte der bereits verwarnte Stefan Minkwitz nicht vier Minuten später Razundara Tjikuzu von den Füßen geholt. Erst als Minkwitz mit Gelb-Rot vom Platz geschlichen war, öffneten sich für Werder wieder Räume; erinnerte man sich des sträflich vernachlässigten Flügelspiels.

Einen kurzen, aber entscheidenen Auftritt hatte Juri Maximov: Für den angeschlagenen Dieter Eilts ins Spiel gekommen, genügte ihm eine Dreiviertelstunde, um das entscheidende 2:1 zu köpfen. Direkt danach musste auch er das Feld wegen Foulspiels mit Gelb-Rot verlassen. Dennoch blieb es dabei: Der 6. Mai ist ein Arbeitstag für die Werder-Profis, die aber nicht darüber, sondern über ihre Leistung verärgert waren: „Für'n Arsch“ war sie laut Torwart Rost.

Sein Chef Thomas Schaaf versucht, den Arbeitsaufwand nach den Spielen zu reduzieren: Nachdem sein Stuttgarter Kollege in der Pressekonferenz schon „viel“ gesagt hatte, wollte er nur noch hinzufügen, dass seine Mannschaft „nicht berauschend“ gespielt habe und nur mit Glück ins Finale gekommen sei. Viel Arbeit hat sie damit dem sportlichen Direktor Klaus Allofs gemacht: Sollte auch Bayern München das Finale erreicht haben (nach Redaktionsschluss), kann er für das nächste Jahr einen internationalen Wettbewerb einplanen. Das bedeutet wieder viele Fußballspiele, die ohne personelle Verstärkungen kaum erfolgreich ausgehen dürften. not