Commerzbank guckt aufs Geld und nicht auf die Gesellschaft: Bank für Sozialabbau
Die Commerzbank ignoriert den politischen Konsens. Sie geht auf Konfrontationskurs nicht nur zur rot-grünen Regierung, sondern auch zur CDU und FDP. In den Parteien herrscht grundsätzlich Einverständnis darüber, dass die soziale Absicherung fürs Alter anders organisiert werden muss. Die Bedeutung der traditionellen Rentenversicherung soll abnehmen, die der privaten Vorsorge hingegen zunehmen. Ausgerechnet jetzt will die Commerzbank Kleinanleger beim Kauf von neuen Aktien benachteiligen. Die Bank friert den Aktienbesitz der kleinen Leute quasi ein. Sie sollen in der Summe nicht mehr Anteile von Unternehmen bekommen können als heute – selbst wenn die Zahl derjenigen steigen sollte, die Interesse an Aktien entwickeln.
Das viertgrößte deutsche Bankhaus handelt einerseits, wie man es erwartet. Das Finanzinstitut bevorzugt die wohlhabenden und reichen KundInnen, denn mit diesen lässt sich mehr Geld verdienen. Andererseits: Während halb Deutschland die zunehmende „Aktienkultur“ feiert, will eine wichtige Bank den Status quo konservieren. Das läuft den Bemühungen zuwider, den BürgerInnen die teilweise Abkehr vom alten System der Rentenversicherung schmackhaft zu machen. Denn seit Jahren nimmt die Zahl nicht arbeitender Menschen im Verhältnis zur Zahl der Beschäftigten zu, gilt die Rentenversicherung als nicht mehr finanzierbar.
Eine zusätzliche private Altersvorsorge soll die öffentlichen Kassen entlasten. Diesen Wechsel betrachten viele Menschen mit Skepsis, weil dadurch die individuelle Belastung steigen und gleichzeitig das Risiko zunehmen könnte. Im Falle der Commerzbank stellt sich nun heraus, dass der als Ersatz angepriesene Zugang zur neuen privaten Vorsorge, der unter anderem im Besitz von Aktien besteht, teilweise verhindert wird. Die Bevölkerung sieht, dass das alte System bröckelt und es gegen die Errichtung des neuen erhebliche Widerstände gibt.
Machte die Haltung der Commerzbank Schule, wäre klassischer Sozialabbau die Folge: Öffentliche Leistungen würden reduziert und die Gesellschaft sähe sich künftig nicht in der Lage, einen vernünftigen Ersatz zu bieten.
Das kann weder im Interesse der Regierung noch der konservativen Opposition sein. Beide müssen darüber nachdenken, allen Bevölkerungsschichten gleichen Zugang zu neu entstehendem Reichtum zu ermöglichen – wenn nötig per Gesetz und gegen die Banken. Hannes Koch
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