: Planrecht aus Nazizeiten
■ BUND: Senat ermöglicht Zersiedlung der Hamburger Außengebiete, weil er nach veralteten Regeln bauen läßt
Der Umweltverband BUND hat dem Senat vorgeworfen, er leiste der Landschaftszerstörung vorschub, indem er Planrecht aus der Nazi-Zeit aufrecht erhalte. „Das ist ein weiterer Baustein darin, die letzten Freiflächen in Hamburg zu opfern“, kritisierte BUND-Geschäftsführer Manfred Braasch gestern.
Die Hamburger Verwaltung hat in den 50er Jahren für beinahe das gesamte Stadtgebiet Baustufenpläne erarbeitet, von denen viele noch heute gültig sind. In ihnen ist festgelegt, wo Häuser, Fabriken und Läden gebaut werden dürfen und was „Außengebiete“ wie Felder und Wälder sind, in denen bloß Land-, Forst- und Gartenwirtschaft erlaubt ist. Das Ganze ist ein Restposten der Baupolizeiverordnung (BPVO) aus dem Jahre 1938. Umweltschutz ist darin kein Thema. Dass, so der BUND, führte etwa in Wilhelmsburg dazu, dass eine Reithalle mitten in die grüne Landschaft gebaut werden durfte.
Jetzt ist dem BUND eine Senatsvorlage zugespielt worden, die diese Rechtsgrundlage in Frage stellt, sich aber seit zweieinhalb Jahren in der Warteschleife zwischen den Behörden befindet. In der Rechtsprechung und Literatur seien „vermehrt Zweifel an der Gültigkeit der Außengebietsfestsetzungen“ geäußert worden, heißt es darin. Denn bereits seit fast 40 Jahren gilt das Bundesbaugesetz – „bundesweit, außer in Hamburg“, so der BUND. Danach ist das Bauen in Außenbereichen nur zulässig, wenn öffentliche Belange – etwa Naturschutz und Landschaftspflege – dem nicht entgegenstehen.
Analog zu der Senatsvorlage will der BUND nun, daß das Bundesbaugesetz in einem ersten Schritt für die Hamburger Außengebiete gelten soll und in einem zweiten Schritt auch für die bebauten Gebiete. Die Baustufenplänen waren einmal als Regulierungsinstrument fortschrittlich, sagte BUND-Vorstandsmitglied Hans-Detlef Schulze. Heute seien sie aber veraltet und „ein ökologischer und städtebaulicher Fluch für die Stadt“.
Stadtentwicklungssenator Willfried Maier (GAL), auf Senatsebene für die Pläne zuständig, ist sich nicht sicher, ob das neue oder das alte Regelwerk Natur und Landschaft besser schützt. Denn auch das Bundesbaugesetz bietet der Zersiedlung nach Angaben seiner Sprecherin ein breites Einfallstor. Gleichwohl ersetzt die Behörde allmählich hamburgweit die alten Pläne durch neue. Acht sind zur Zeit in Arbeit. Gernot Knödler
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