Das Portrait
: Der späte Heimkehrer

Er ist schwarz, spricht mit britischem Akzent und ist Professor für politische Wissenschaft an der Universität Lancaster. Seit 39 Jahren lebt der US-Amerikaner im britischen Exil. Heute erst kann er nach Hause in die USA kommen. Preston King ist kein Dieb, kein Verräter und auch kein Drückeberger, obwohl er dieses Vergehens angeklagt und 1961 zu 18 Monaten Gefängnis verurteilt wurde. King wäre bereit gewesen, in der US-Armee zu dienen. Doch er wollte dabei korrekt behandelt werden.

1937 in Georgia als Sohn eines Geschäftsmannes und Bürgerrechtlers geboren, wuchs King mit sieben Geschwistern in Albany auf. Als seine Einberufung zum Wehrdienst heranrückte, bat er um den in aller Regel Studenten gewährten Aufschub. Er studierte an der London School of Economics und erhielt zwei Aufschübe. Bei einem Heimaturlaub 1956 wurde er erneut einberufen und stellte abermals einen Antrag auf Verlängerung, weil er seine Promotion beenden wollte. Als die Einberufungsbehörde aber erfuhr, dass King schwarz ist, lehnte sie jeden weiteren Aufschub ab und redete ihn seitdem nicht mehr mit Mr. King an, sondern nur noch mit Preston.

Im Süden der USA ist die Anrede mit Vornamen nur guten Bekannten vorbehalten. King sah im Vorgehen der Armee eine Diskriminierung. 1960 wurde er festgenommen und zu 18 Monaten Gefängnis verurteilt. Auf Kaution während der Berufung freigelassen, floh er nach England. Er lebte und unterrichtete in Ghana, Kenia und Australien, dessen Staatsbürgerschaft er annahm. Er heiratete in England, wo seine Tochter Oona King heute einen Londoner Wahlkreis im britischen Parlament vertritt.

Aus Furcht vor Verhaftung konnte Professor King nie zu einer Beerdigung von Verwandten in den USA. Auch 1999 war King nicht in der Liste der 37 Menschen, die der US-Präsident zu Weihnachten begnadigte. Jetzt aber hat Bill Clinton, der mit Begnadigungen sparsamer als seine Vorgänger umging, das nachgeholt: King darf zur Beerdigung seines Bruders einreisen.

Die CBS-Sendung „60 Minutes“ hatte sich des Falles angenommen. Der heute 96-jährige Richter William A. Bootle, der King damals verurteilt hatte, bat Clinton, die Gefängnisstrafe aufzuheben, damit King zur Einweihung eines Gerichtsgebäudes, das den Namen seines Bruders C. B. King tragen wird, nach Albany reisen kann. Peter Tautfest

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Weil Preston King korrekt behandelt werden wollte, wurde er verurteilt. Jetzt begnadigte ihn der US-Präsident. Foto: AP