41 Millionen und keine zündende Idee

■ Die CDU schuldet den anderen Parteien 41 Millionen Mark wegen der Spendenaffäre. Die wollen die Mittel nicht für sich – aber wofür dann? Ein kleiner Demokratie-Verein schlägt eine öffentliche Ausschreibung vor

Berlin (taz) – Neulich ist Gerald Wolff mit 30 Berliner Schülern nach Großbeeren in den Wald gefahren. Die Kids nahmen 2.000 Baumsetzlinge und pflanzten ein „A“. Mitten im Wald wächst nun langsam, aus Lärchen und Wildkirschen, ein A gen Himmel. Es soll für die Antworten stehen, die Berliner Gymnasiasten von Politikern nicht erhalten haben.

Am gleichen Tag hatte der Wirtschaftsstudent Wolff nämlich zusammen mit zwei Schulklassen am Reichstag geklingelt. Die jungen Leute wollten ihren Katalog von „Fragen an die Politik“ abgeben – aber sie bekamen keine Antwort. „Es war nur der Pförtner da“, erinnert sich der 27-jährige Wolff. Aber nicht einmal der hatte Lust, mit den Jugendlichen zu reden. „Das ist ein Zeichen für den Zustand, dass Gespräche zwischen Politik und Jugend gar nicht erst entstehen. Es gibt keinen Dialog.“

Wolff gehört zu einem kleinen Verein namens Kumulus, der sich 1996 zum Ziel gesetzt hat, den Abstand zwischen Politik und Jugend zu verkleinern. „Wo lernen Politiker, auf konkrete Fragen keine konkreten Antworten zu geben?“, lautet eine der Fragen, die Kumulus gesammelt hat.

Auch im Reichstag selbst zerbricht man sich den Kopf. Was soll nur mit dem vielen Geld geschehen, das die CDU wegen ihrer massiven Verstöße gegen das Parteiengesetz zu zahlen hat? 41 Millionen Mark werden, so die CDU sie zahlt, auf deren Konkurrenzparteien verteilt werden. Aber die wollen die Knete gar nicht. „Ich hätte ein schlechtes Gewissen, das Geld in die Parteikasse der FDP zu stecken“, gibt sich Hermann Otto Solms nachdenklich. Dem Schatzmeister der Pünktchenpartei geht es wie den anderen: Sie schelten die CDU – aber das Strafgeld einzusacken kommt für sie nicht in Frage. Sagen sie.

Franz Müntefering, Generalsekretär der SPD, hat das Präsidium seiner Partei dazu gebracht, eine Stiftung für bürgerschaftliches Engagement zu befürworten – im Prinzip. Rezzo Schlauch kann davon berichten, dass in seiner bündnisgrünen Fraktion „die Mehrheit eindeutig ist“ – auch die Grünen wollen das Geld nicht. Aber nichts Genaues weiß man nicht. Nein, das ist nicht konkret, wehrt SPD-Sprecher Michael Donnermeyer ab. Eine Stiftung soll es werden, ja. Und ihr Zweck soll sich auf die „politische Willensbildung“ richten. Aber, so Donnermeyer, „wir haben ja noch Zeit.“ Klagt die Union gegen die Strafen, zieht sich die Auszahlung der 41 Millionen wohl über Jahre hin.

Auch Solms ist noch nicht festgelegt. Soziale Zwecke solle man mit dem Geld fördern. Für Jugendarbeit soll etwas zur Verfügung stehen. Oder für politische Bildung. „Es ist nur eine Idee, einen richtigen Plan gibt es noch nicht.“

Dass die Parteien Fairplay wollen, aber nicht wissen, wie genau das geht, hat noch andere Gründe. Das Parteiengesetz sieht vor, die Strafmillionen den anderen Parteien zukommen zu lassen. Bundestagspräsident Wolfgang Thierse kann seine Sanktion gegen die CDU nicht einfach fürs demokratische Bewusstsein spendieren. Wollten die Parteien das Geld für gemeinnützige oder Bildungszwecke stiften, müssten sie sich schon einigen – zum Beispiel auch mit den „Republikanern“, der NPD oder der DVU. Und die sind unnachgiebig, wenn es ums Geld der bürgerlichen Parteien geht.

„Die haben mich schon mal verklagt“, erinnert sich FDP-Schatzmeister Solms unter Schmerzen an die „Republikaner“. „Bevor ich in irgendwelchen rechtlichen Fallstricken hängen bleibe, lasse ich genau prüfen, wie man das CDU-Geld sinnvoll verwenden kann.“

Gerald Wolff weiß sehr genau, was mit dem Geld passieren soll. „Die Mittel sollten ausgeschrieben werden – Initiativen, die sich um die Vermittlung demokratischer Werte kümmern, gibt es doch genug.“ Nur eines ist ihm wichtig: „Da dürfen nicht bloß 50-Jährige drin sitzen.“Christian Füller