: Südkoreas Regierung zerbrochen
Eine von südkoreanischen Bürgergruppen erstellte schwarze Liste korrupter Politiker lässt sieben Wochen vor der Parlamentswahl die Regierungskoalition platzen ■ Von André Kunz
Tokio (taz) – Seit sich in Südkorea ein Bündnis von 480 Basis- und Bürgergruppen mit schwarzen Listen korrupter Politiker in den Wahlkampf einmischt, sind die Parteien in Panik. Gestern zerbrach die Regierungskoalition aus den erzkonservativen Vereinten Liberal-Demokraten (ULD) und der liberaleren Demokratischen Millennium-Partei (MDP) von Präsident Kim Dae-jung.
Der Stein des Anstosses war eine Anfang Februar veröffentlichte schwarze Liste, die vom ULD-Chef und früheren PremierministerKim Jong Pil angeführt wird. Weil Präsident Kim Dae-jung nichts gegen diese halb legale Art des Negativwahlkampfes unternahm, beschloss die ULD, als Oppositionspartei in die Wahlen vom 13. April zu ziehen.
Bisher verfügte Kim Dae-jungs MDP mit der ULD über eine knappe Mehrheit in der 299 Sitze zählenden Nationalversammlung. Jetzt besitzt die MDP des Präsidenten nur noch ein Drittel der Sitze. Kim Dae-jung müsste einen überwältigen Wahlsieg erreichen, wenn er das Land nach den Wahlen effizient weiterführen will.
Bisher glänzte der Präsident nur wirtschafts- und außenpolitisch. Nach der Finanzkrise 1997 wuchs Südkoreas Wirtschaft letztes Jahr wieder über zehn Prozent, dieses Jahr werden mindestens sieben Prozent erwartet. Kim leitete auch eine erfolgreiche Entspannungspolitik mit Nordkorea ein.
Doch innenpolitisch hat Kim wichtige Reformversprechen nicht gehalten. Die Pressefreiheit ist noch nicht voll gewährleistet. Politische Gegner werden oft mit Verleumdungen angegriffen. „Vernünftige Dialoge unter gegnerischen Politikern sind selten geworden“, sagt der Politologieprofessor Lee Ki-taek von der Eliteuniversität Yonsei. Nur 35 Prozent der Bevölkerung stehen noch hinter dem Präsidenten, der im Februar 1998 mit fast 80 Prozent Zustimmung sein Amt übernahm.
Gegen den Popularitätsschwund trat Kim im Januar mit der Gründung der Demokratischen Millennium-Partei an und öffnete sich seinen Wurzeln als Dissident und Kämpfer gegen die Militärregierungen. Konservative Mitglieder seiner Regierung warfen ihm einen Linksrutsch vor.
ULD-Politiker beschuldigten Präsident Kim gestern sogar, die ungewöhnliche Revolte der Bürgerbewegungen selbst in Gang gesetzt zu haben, um unliebsame konservative Politiker aus dem Wahlkampf zu drängen. Dies weist Kim vehement zurück. Seinen Linksrutsch leugnet er hingegen nicht. Rükkendeckung erhofft er sich jetzt von sozialdemokratischen Kollegen in Europa. Ab dem 2. März reist Kim nach Italien, Frankreich und Deutschland.
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