SV Pinkel gegen AC Schinken

■ Werder Bremen trifft im UEFA-Cup auf einen krisengeschüttelten Titelverteidiger AC Parma – allerdings selbst auch nicht in Bestbesetzung

Mehr Massel gibt's im internationalen Fußball nur selten: Als Werder Bremen im vergangenen Dezember die 0:3-Auswärtsklatsche bei Olympique Lyon wettzumachen hatte – da reisten die Ki-cker vom französischen Spitzenclub nach einer Niederlagenserie in der Liga und einer frischen Heimpleite mit reichlich Muffensausen zum Rückspiel an und wurden prompt mit 4:0 aus dem Weserstadion gefegt. Heute treten die Bremer bei keinem Geringeren als dem UEFA-Cup-Verteidiger und italienischen Wunderteam der letzten Jahre aus Parma an.

Doch bange müssen die Kicker um Coach Thomas Schaaf keineswegs sein. Nach neun Spielen ohne Sieg hatte die Mannschaft aus Parma am Wochenende Giovanni Trappatonis krisengeschüttelten AC Florenz zu Gast – und musste nach einem blamablen 0:4 unter Polizeischutz das heimische Stadion verlassen. Nach einem beinahe 90-minütigen Pfeifkonzert von den eigenen Fans. Und schon wird in Parma die Ablösung des Trainers Alberto Malesani gefordert. Ein potentieller Nachfolger hat am Wochenende schon auf der Tribüne gesessen: Nevio Scala, nach seinem Gastspiel in Dortmund auch in Deutschland wohlbekannt, der Parma einst bis zum Europacup geführt hat. „Parma liegt in Trümmern“, kommentierte die „Gazetta dello Sport“. Nach dem Krisenverein Lyon nun die depressive Truppe aus Italien – so viel Massel gibt's selten. Die Glückskinder kommen von der Weser.

Wobei die das ganz und gar nicht so sehen. „Der Mannschaft steht das Wasser bis zum Hals“, kommentierte Werder-Sportdirektor Klaus Allofs die Lage beim Geg-ner. „Der UEFA-Cup ist die letzte Chance.“ Und die Bremer selbst sind auch nicht gerade in allerbes-ter Verfassung, was beim 2:2 daheim gegen den VfL Wolfsburg zu besichtigen war. Was zu verkraften wäre, müsste Trainer Schaaf nicht auch in Parma auf eine ganze Reihe wichtiger Kicker verzichten. Die zuletzt gelbgesperrten Baumann und Ailton dürfen in Italien zwar wieder mittun, womit die wichtigs-ten Figuren in Abwehr und Angriff wieder an Deck wären. Aber Nationalstürmer Bode, Mittelfeldmotor Wicky und Abwehr-Routinier Cesar sind definitiv nicht mit von der Partie.

Möglicherweise werden sich die Bremer an diese Ausfälle gewöhnen müssen. Wicky wird nach einer Bandscheibenoperation noch Wochen ausfallen, und die Entzündung an Bodes Achillessehne „kann morgen besser werden“, sagt der Patient, „kann aber auch noch Wochen dauern“. Bei Julio Cesar dagegen zeichnet sich das Ende seiner Karriere ab. Die Schmerzen im Knie haben sich als Knorpelschaden herausgestellt. Zum Rückspiel gegen Parma lässt sich der Brasilianer vielleicht schmerzfrei spritzen, und das Pokalfinale gegen die Bayern will er unbedingt mitmachen. Aber weitere Wundertaten wird Werder von ihm kaum verlangen können. „Das wichtigste ist derzeit ein Mann für die Viererkette“, hat denn auch Allofs als erste Transferparole ausgegeben. Bis dahin wird sich Schaaf in der Innenverteidigung mit mehr oder weniger stabilen Notlösungen begnügen müssen. Dem Ukrainer Skripnik mangelt's noch arg an Spielpraxis und Amateur Barten ist vorerst bestenfalls Ergänzungsspieler.

Gegen diese Schwächung in der Defensive nimmt sich die Kompensation der Fachkräfte Bode und Wicky fast noch leicht aus. Bodes Part an der linken Außenbahn wird entweder vom fleißigen Wiedener oder von Trares übernommen. Wickys Rolle im defensiven Mittelfeld kann sowohl Maximov als auch Dabrowski spielen – oder eben wieder Trares, der in den letzten Wochen ein glänzendes Comeback gefeiert hat. Wenn besagter Trares spielen kann. Denn dessen Fleischwunde aus dem Auswärtsspiel bei den Lauterern macht ihm immer noch zu schaffen.

„Kein Feuer, keine Aggressivität“, hatte Trainer Schaaf nach dem Spiel gegen Wolfsburg bei seiner Mannschaft ausgemacht. „Doch das wird am Dienstag besser.“ Da kann er angesichts der Pokalstärke seiner Truppe fast sicher sein. Nach dem DFB-Pokaltriumph vom letzten Jahr gegen die Bayern, nach dem erneuten Erreichen des Endspiels und nach dem Wunder gegen Lyon. Die Glückskinder kommen von der Weser. Jochen Grabler

Die mögliche Aufstellung: Rost – Baumann, Skripnik, Wiedener, Tjukuzu – Trares, Eilts, Herzog, Frings – Pizarro, Ailton