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„Infektionen verhindern“

Der Arzt Michael de Ridder fordert den Senat auf, befristeten Pilotprojekten unter wissenschaftlicher Begleitung zuzustimmen

taz: Herr de Ridder, als Oberarzt in der Rettungsstelle des Kreuzberger Urban-Krankenhauses haben Sie Erfahrung mit Drogenabhängigen. Was spricht aus medizinischer Sicht für die Einrichtung von Druckräumen?

Michael de Ridder: Druckräume tragen zunächst dazu bei, die Konsumbedingungen für Drogenkonsumenten hygienischer und stressärmer zu gestalten, das heißt Infektionen wie HIV und Hepatitis und ihre Weitergabe an andere zu verhindern. Zudem ist eine effektive, oftmals lebensrettende Intervention bei Drogennotfällen eher gewährleistet. Dies gilt selbstverständlich für Berlin mit seiner eher verdeckten Drogenszene ebenso wie für die Städte Hamburg oder Frankfurt.

Welche Argumente gibt es darüber hinaus?

Zwar verfügt Berlin über vorbildliche medizinische Angebote für Drogenabhängige wie medizinische Versorgung auf der Szene, Hepatitis-Impfung und Drogennotfallprophylaxe. Dennoch erreichen wir nur einen Teil der Abhängigen. Druckräume vergrößern die „Kontaktfläche“ zu diesen Menschen. Die Möglichkeiten erweitern sich, Überlebenshilfen zu geben, schadensbegrenzend und letztlich auch ausstiegsmotivierend tätig zu werden. Nicht zu unterschätzen sind auch die zu erwartenden positiven Auswirkungen auf die Bevölkerung in Bezirken, die mit dem Drogenproblem besonders belastet sind. Konsumenten drücken weniger auf öffentlichen Toiletten, auf Spielplätzen und in Hausfluren. Das Risiko, dass sich Anwohner – besonders Kinder – an Spritzutensilien verletzen und infizieren, wird gemindert.

Was fordern Sie vom Senat?

Der Senat sollte zumindest einem oder mehreren zeitlich zunächst befristeten, wissenschaftlich begleiteten Druckraum-Pilotprojekten zustimmen. Dann können die erwarteten positiven Effekte für Drogenkonsumenten und Bevölkerung bestätigt, gegebenenfalls auch widerlegt werden.

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