: „Kein Einfluss auf Drogentote“
Staatssekretär Frank Ebel (SPD) hält Druckräume in Berlin nicht für sinnvoll, weil es hier keine große offene Drogenszene gebe
taz: Seit der vergangenen Woche gibt es die gesetzlich abgesicherte Möglichkeit, Druckräume einzurichten. Warum soll es sie in Berlin nicht geben?
Frank Ebel: Ich finde es gut, dass die Länder jetzt selbst entscheiden dürfen, ob sie Druckräume einrichten. Wir können also mit den örtlichen Drogenszenen angemessen umgehen und – wenn nötig – Drogenkomsumräume einrichten. Aber in Berlin haben wir keine große offene Drogenszene wie in Frankfurt oder Hamburg. In Berlin gibt es 7.000 bis 8.000 Heroinabhängige, davon gehören etwa 150 zur offenen Drogenszene. Für sie haben wir eine gute Sozialarbeit.
Aber Bezirke wie Kreuzberg, Charlottenburg und Schöneberg, in denen die Treffpunkte der offenen Szene liegen, halten Druckräume für sinnvoll. Sie könnten die medizinische Verelendung von Junkies aufhalten.
In diesem Bereich haben wir bereits viele Angebote, deshalb komme ich zu einer anderen Einschätzung. In Berlin müsste man an etwa sechs Standorten solche Räume einrichten, damit die Szene sich nicht an einem Standort konzentriert. Man bräuchte Öffnungszeiten von bis zu 20 Stunden, für den Notfall ärztlich geschultes Personal. Das würde mindestens 500.000 Mark pro Standort und Jahr kosten. Diese Mittel kann man effektiver einsetzen.
Also haben Druckräume in Berlin gar keine Chance?
Für alle Zeit will ich das als Möglichkeit nicht ausschließen.
Die Anzahl der Drogentoten ist wieder angestiegen. Müssen nicht endlich neue drogenpolitische Wege beschritten werden?
Es gibt keinen nachgewiesenen Zusammenhang zwischen der Anzahl der Drogentoten und der Existenz von Druckräumen. In Bayern gibt es sie nicht, aber die Anzahl der Drogentoten sinkt trotzdem. In Hamburg ist es genau andersherum. Was wir befürworten, ist die Teilnahme an dem bundesweiten Modellprojekt zur kontrollierten Heroinabgabe.
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