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Röstel gibt auf, Radcke kämpft weiter

Die weibliche Doppelspitze der Grünen gibt es nicht mehr. Vorstandssprecherin Gunda Röstel wirft das Handtuch. Ihr ging der Erneuerungsprozess „zu langsam“ voran. In den Landesverbänden wächst der Ärger über einen Reklamebrief der Parteispitze

BERLIN dpa/ap ■ Bei den Grünen sind zwei wichtige Personalentscheidungen gefallen. Vorstandssprecherin Gunda Röstel kündigte gestern ihren Rückzug aus der Führungsspitze der Partei an. Ihre gleichberechtige Sprecherinkollegin Antje Radcke will dagegen auf dem Bundesparteitag Ende Mai erneut kandidieren.

Röstel wurde 1996 zur Vorstandssprecherin gewählt. Zunächst führte sie die Partei im Duo mit Jürgen Trittin, seit 1998 dann zusammen mit Radcke. Seit ihrer Niederlage als Spitzenkandidatin bei der sächsischen Landtagswahl im vergangenen September wurde immer wieder über ihren Rückzug aus der Parteispitze spekuliert.

Gestern erklärte ihren Verzicht auf eine erneute Kandidatur. In einem Brief an die dpa schrieb sie, sie halte es für richtig, dass an der Spitze der Grünen „vermehrt auch Personen wirken, die landespolitische sowie parlamentarische Erfahrung und Verantwortung mitbringen“.

Es entspreche ihrem Verständnis „von zeitlicher Begrenzung der Ausübung politischer Ämter, mir nach fast vier Jahren als Sprecherin des Bundesvorstandes von Bündnis 90/Die Grünen ein neues Tätigkeitsfeld zu suchen“. Röstel gilt als Vertreterin des realpolitischen Flügels und hat sich bis zuletzt stark für eine Strukturreform in der Partei engagiert. Dieser von ihr mit angestoßene „Erneuerungsprozess“ sei bislang aber „zu langsam“ vorangetrieben worden, kritisierte sie in dem Rücktrittsbrief.

Röstel und Radcke war in jüngster Zeit Führungsschwäche vorgeworfen worden. Während sich Röstel nun zurückzieht, gibt ihre Kollegin Radcke noch nicht auf. Sie will Vorstandssprecherin bleiben. Im ZDF sagte sie mit Blick auf die konkurrienden Bewerbungen der Fraktionschefs von Berlin und Baden-Württemberg, Renate Künast und Fritz Kuhn: „Ich werde weiter kämpfen.“

Radcke verteidigte auch einen von ihr zusammen mit Röstel und Bundesgeschäftsführer Reinhard Bütikofer konzipierten Rundbrief an die Parteitagsdelegierten. Dieser war von mehreren Landesverbänden heftig kritisiert worden, „weil dort Inhalte bereits festgelegt“ worden seien.

In dem Rundbrief hatte der Bundesvorstand dafür geworben, den Kurs der Parteiführung bei den umstrittenen Themen Atompolitik und Parteireform auf dem Parteitag vom 17. bis 19. März in Karlsruhe zu unterstützen.

Radcke sagte in der ZDF-Sendung „Berlin Direkt“: „Ich glaube, dass die Argumentation, so wie wir sie im Brief aufgemacht haben, doch viele Delegierte überzeugen wird, wenigstens einen Teilschritt zu machen.“

Der Sprecher des rheinland-pfälzischen Landesvorstands, Reiner Marz, nannte das Schreiben dagegen in der Welt am Sonntag ein „überflüssiges und schädliches Papier“. Die Delegierten würden unter Druck gesetzt.

Die Berliner Vorstandssprecherin Regina Michalik sagte, ihr Landesverband könne weder die vom Vorstand vertretene Position zum Atomausstieg noch zur Strukturreform der Partei teilen. Die Parteispitze hatte unter anderem eine Lockerung der strikten Trennung von Amt und Mandat befürwortet.

In der Atompolitik hatte der Brief um Unterstützung für die Position von Bundesumweltminister Jürgen Trittin mit einer Ausstiegsfrist von 30 Jahren geworben.

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