: Länderehe bringt Vorteile
Ein gemeinsames Bundesland könnte Verwaltungskosten sparen und die Ansiedlung von Unternehmen besser steuern. Mehr Arbeitsplätze ergeben sich nicht zwangsläufig
Eine Fusion zwischen Berlin und Brandenburg brächte spürbare wirtschaftliche Vorteile. Darin sind sich zumindest Wirtschaftsexperten einig. Zum einen könnte ein gemeinsames Bundesland erhebliche Kosten in der Verwaltung sparen, zu anderen könnte die Ansiedlungs- und Strukturpolitik besser aufeinander abgestimmt werden.
Brandenburg und Berlin jagen sich derzeit mit einem Großaufwand an Fördermitteln potenzielle Investoren gegenseitig ab, da beide Länder die Steuereinnahmen für sich verbuchen möchten. Der gemeinsame Planungs- und Lenkungsausschuss beider Länder ändert an dieser Konkurrenzsituation kaum etwas. „Der wird nur aktiv, wenn ohnehin Einigkeit besteht“, sagt der Haushaltsexperte vom Deutschen Institut für Wirtschafstforschung (DIW), Dieter Vesper. Wenn es hart auf hart komme, verfolge jeder nur seine Interessen. Die Folge seien Reibungsverluste, die der Region insgesamt schadeten.
Auch in der Hochschulpolitik würden nach Ansicht von Vesper Ressourcen verschwendet. Während Berlin Studienplätze streiche, baue Brandenburg diese auf. „Beides kostet Geld“, so Vesper. Dieses könne besser in andere Bereiche investiert werden.
Rund 10.000 Stellen könnten fusionsbedingt nach Angaben von Vesper in den öffentlichen Verwaltungen wegfallen. Jährlich ließe sich so ein dreistelliger Millionenbetrag eingesparen, sagte ein Sprecher des Berlin-Brandenburger Unternehmerverbandes. Dem Arbeitsplatzverlust könnten aber fusionsbedingte Zuwächse gegenüber stehen. Nach einer Verbandsstudie könnten rund 80.000 neue Jobs durch die Fusion entstehen.
Solche Zahlen wollte der DIW-Experte nicht bestätigen. Vesper: „Man kann die Arbeitsplatz-Effekte nur schwer quantifizieren.“ Außerdem könne man nicht davon ausgehen, dass die Fusion automatisch zu einem Boom führe.
Stefan Krätke, Professor für Regionalforschung an der Uni Frankfurt (Oder), steht der Fusionseuphorie allerdings skeptisch gegenüber. „Die Folgen sind insgesamt gesehen schwer abschätzbar.“ Selbst im viel gelobten Speckgürtel sei die Entwicklung derzeit wieder rückläufig. In Brandenburg habe man versucht, die Berlin-fernen Räume besonders zu fördern. Nach einer Fusion könnte es damit wegen der Berliner Dominanz schnell vorbei sein. RICHARD ROTHER
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen