Polizei treibt Rote gegen Rote

SPD und PDS in Sachsen-Anhalt haben sich über ein geplantes Polizeigesetz zerstritten. Weil die CDU den Sozialdemokraten aushelfen will, sehen die Sozialisten das Magdeburger Modell in Gefahr

aus Dresden NICK REIMER

Die Dienstage haben es in Magdeburg in sich. In der vergangenen Woche trafen sich – dienstags – die Fraktionsspitzen der Tolerierungspartner SPD und PDS, um vierzig gemeinsame Vorhaben zu besprechen, die man in der noch zwei Jahre dauernden Legislaturperiode gemeinsam politisch realisieren will. „Konstruktiv“ seien die Gespräche gewesen, in „partnerschaftlicher Atmosphäre“. Seit dem Dienstag dieser Woche hat sich die Atmosphäre gründlich gewandelt.

Auf ihrer Fraktionssitzung votierten die SPD-Parlamentarier nach heftiger Debatte mehrheitlich für das umstrittene, von Innenminister Manfred Püchel (SPD) geplante Polizeigesetz. „Unverzüglich“, forderten die Abgeordneten ihren Innenminister auf, solle der Gesetzentwurf im Landtag eingebracht werden. In einem vier Punkte umfassenden Beschluss heißt es: „Unabhängig von der Einbringung ist mit der PDS eine Verständigung über den Gesetzentwurf anzustreben.“ Zuvor war – am selben Dienstag – die PDS-Fraktion zusammengekommen, um die drohende Zuspitzung zu beraten.

Immer dienstags passiert was bei Rot-Rot

Die Sozialisten nämlich lehnen das Püchelsche Gesetz glattweg ab. „Mit der PDS wird es dieses Gesetz nicht geben“, hatte vor Wochenfrist der parlamentarische Geschäftsführer Wulf Gallert erklärt. Er nannte den Entwurf eine „Sollbruchstelle“ und warf dem Minister vor, „bewusst Sprengsätze zu plazieren“.

Püchel ist nicht eben ein großer Freund der Zusammenarbeit mit der PDS. Die CDU aber kann sich sehr wohl Zustimmung zum Entwurf des Innenministers – und damit eine neue Rolle als Mehrheitsbeschaffer – vorstellen. Seit über einem Jahr liegt nämlich im Innenausschuss ihr Entwurf auf Eis, der sich im Wesentlichen mit dem von Püchel deckt. Eine SPD-CDU-Mehrheit gegen die PDS – für die Sozialisten wäre das der Sündenfall.

Im Zuge der komplizierten Haushaltsverhandlungen hatten die linken Tolerierungspartner verabredet, in wesentlichen Dingen nicht mehr gegeneinander zu votieren. „Die SPD würde sich ihre Mehrheit im Landtag frei suchen. Das träfe dann gleichermaßen für uns zu“, drohte Gallert vor der SPD-Fraktionssitzung. Gestern versuchten beide Seiten, den drohenden Streit sichtlich zu entschärfen. Er wolle erst einmal abwarten, was die SPD in den Gesprächen mitzuteilen habe, erklärte PDS-Fraktionsvize Matthias Gärtner, sonst eher als Verfechter der reinen PDS-Lehre bekannt. Die Zusammenarbeit werde nun aber „nicht leichter“.

„Der Innenminister plaziert bewusst Sprengsätze“

Kommende Woche – wie man ahnt: dienstags – will die PDS ihre weitere Strategie beraten. „Niemand hat das Magdeburger Modell in Frage gestellt“, erklärte der SPD-Parteilinke Rainer Methke. Es gäbe immer noch genügend Spielraum für einen akzeptablen Kompromiss. So könnte etwa die Videoüberwachung auf öffentlichen Plätzen zunächst als zweijähriger Versuch getestet werden – „um dann die Effizienz zu prüfen“.

Ob die PDS mit derlei symbolischen Gesten zum Einlenken zu bewegen ist, scheint fraglich – immerhin hat sie sich im Vorfeld sehr weit aus dem Fenster gelehnt. So erklärte beispielsweise Wulf Gallert gegenüber der taz: „Selbst die Fachleute sagen, dass unsere Positionen so grundverschieden sind, dass es keinen Kompromiss geben kann. Der einzige denkbare Kompromiss bleibt, das Polizeigesetz von der Tagesordnung zu nehmen.“ Diesen Kompromiss wird es nun nicht mehr geben. Sachsen-Anhalt bekommt – ob nun mit den Stimmen von CDU oder SPD – ein neues Parteigesetz. Eingebracht werden wird es im April – wahrscheinlich an einem Dienstag.