: Kaum Teilzeit für Eltern
Wirtschaftsminister schreddert Erziehungsurlaubsgesetz: Rechtsanspruch auf Teilzeit nur in großen Unternehmen
BERLIN taz ■ Im Sommer vorigen Jahres sah alles noch so gut aus: die Reform von Erziehungsurlaub und Erziehungsgeld sollte der große Wurf in der Familienpolitik werden. Mittlerweile bleibt nur ein stark gefleddertes Gesetzlein übrig: Anfang des Monats wurde bekannt, dass weiterhin erheblich weniger als die Hälfte aller Familien Anspruch auf Erziehungsgeld haben werden. Nun gibt es in der Koalition Streit über das Herzstück der Novelle: den Erziehungsurlaub.
Der Entwurf des Familienministeriums sieht vor, dass beide Eltern künftig einen Rechtsanspruch auf Teilzeitarbeit während des Erziehungsurlaubs haben sollten - auch gleichzeitig. Außerdem soll es künftig möglich sein, dass ein Elternteil inder Babypause nicht mehr nur 19, sondern 30 Stunden arbeiten darf. Die Regelung soll nach dem Willen von Ministerin Bergmann in Betrieben gelten, die mehr als fünf Mitarbeiter beschäftigen.
Bundeswirtschaftsminister Werner Müller aber erhebt Einspruch. Nach Auskunft seiner Sprecherin könne diese Regelung nur für Betriebe mit „erheblich mehr Mitarbeitern“ gelten. Die Maßgabe des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH), wonach das Gesetz nur für Firmen gelten dürfe, die „mehr als 50 Mitarbeiter haben“, scheint den Vorstellungen des Ministers relativ nahe zu kommen:„Das zeigt, wo die Bedürfnisse liegen“, stimmt die Sprecherin vage zu.
Auch Bergmanns Sprecherin Beate Moser bestätigte undeutlich: „Es gibt unterschiedliche Vorstellungen über Betriebsgrößen“. Man wolle aber den Gesprächen zwischen den Ressorts nicht vorgreifen.
Ursprünglich wollte Bergmann auch, dass wieder mehr als 40 Prozent der jungen Eltern vom Erziehungsgeld profitieren. Der steuerliche Kinderfreibetrag, nach dem sich die Summe des Erziehungsgeldes richtet, sollte von 4200 Mark auf 7000 Mark steigen. Doch von diesen Plänen musste Bergmann schon vor einigen Wochen abrücken. Der Freibetrag wird auf Druck des Finanzministeriums nur auf 4800 Mark steigen. Mit dieser leichten Erhöhung wird sich die Zahl der Eltern, die nach den ersten sechs Monaten Anspruch auf Erziehungsgeld haben, nur unwesentlich erhöhen. Im Wahlkampf hatte Christine Bergmann noch davon geträumt, dass bald wieder neun von zehn Familien volles Erziehungsgeld bekommen könnten. KARIN NINK
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen