bankenfusion: EXISTENZIELLE BEDROHUNG
Existenzgründer sind bei uns angeblich beliebt. Schließlich schaffen sie Arbeitsplätze. Aber was tatsächlich in Deutschland passiert, will zu den politischen Beschwörungen der neuen Gründerzeit nicht passen. Mancher Existenzgründer wird noch staunen, wenn das, was Deutsche und Dresdner Bank jetzt exerzieren, um sich greift. Junge Betriebe und alteingesessene Mittelständler könnten bald existenziell bedroht werden.
Der Zusammenschluss der beiden Institute ist der Startschuss für die Neusortierung der deutschen Bankenlandschaft. Schon jetzt deutet sich an, dass andere Großbanken dem Beispiel folgen werden. Diese Geldkonzerne füttern in Zukunft nur noch dicke Fische. Wer einen Kredit von 100.000 Mark oder weniger benötigt, braucht sich dort bald nicht mehr zu melden. Dem stehen dann die Türen bei der Bank 24 offen. Die Unterteilung in Großkunden und Normalverbraucher kann dazu führen, dass ExistenzgründerInnen und Mittelstand durchs Raster fallen. Die nämlich brauchen oft keine millionenschwere Finanzierung, bringen der Bank also auch nicht viel Geld, und verlangen trotzdem intensive Beratung. Diese will die neue Bank 24 aber nicht mehr anbieten.
Wohin also, wenn man Schreinerin oder Geschäftsführer eines Altenpflegedienstes ist? Zur Sparkasse. Doch auch dort ist man in Zukunft nicht mehr gut aufgehoben. Denn auch die Sparkassen reduzieren bald ihr Beratungsangebot. Außerdem erwirtschaften die Arme-Leute-Banken weniger Profit als die großen Finanzkonzerne – weshalb Kredite für ihre Kundschaft auf lange Sicht teurer werden.
Man muss nicht Mittelstandslobbyist sein, um zu erkennen, dass die politischen Regeln nicht mehr ausreichen, um wirtschaftliche Macht unter den neuen Bedingungen einzugrenzen. Braucht die Europäische Union schärfere Kartellgesetze? Die Anti-Trust-Gesetzgebung in den USA jedenfalls kennt die Möglichkeit, Großkonzerne in kleinere Einheiten zu zerlegen. Und kleinere Unternehmen sind eher geneigt, das zu tun, wozu die Deutsche Welt-Bank nicht länger bereit ist: Die angestammte Kundschaft zu versorgen, anstatt sich nur auf Milliarden-Deals zu konzentrieren. HANNES KOCH
inland SEITE 8
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen