Alles harmlos, alles wichtig

Waffeln backen, Bauklötze staunen: Superschool zeigen auf dem Offenen Kanal genau das, was man damals gerne in der Sesamstraße gesehen hätte. Im Künstlerbahnhof Westend suchen die Programmmacher nach neuen Formaten

Bauklötze staunen kann man alle sechs Wochen auf dem Offenen Kanal in Berlin. Der schräge Sender kann noch schräger, und schuld daran sind Superschool. Superschool? – „Stellen Sie sich vor, Sie sehen einen Film, und jemand sieht Ihnen dabei zu. In Ihrem Wohnzimmer und auf Ihrem Fernseher. Das ist Superschool.“ So heißt es im Begleitheft.

Superschool zeigt all das, was man sich damals in den 70er-Jahren gewünscht hat, als man vor der Glotze saß und sich „Die Muppets-Show“, die „Sesamstraße“ und „Die Sendung mit der Maus“ reinzog. Alles harmlos, aber wichtig, weil ein Draht zur Welt da draußen. Im Kinderkopf wird die Realität neu geformt, werden die Absurditäten des Erwachsenenfernsehens auf die Spitze getrieben: So in etwa präsentiert sich Superschool.

Da gibt es Charaktere in der Sendung, die immer wieder auftauchen. Zum Beispiel die Ansagedame, die sich im Bildschirm sieht und meint: „Wie seh ich denn heute aus!“ – denkt sich das nicht jeder wache Kinderkopf zu allen Ansagerinnen? Oder die Rubrik „Ficken oder Fressen“. Da werden kleine Tierfilmclips gezeigt, und der Zuschauer muss entscheiden, worum es hier gerade geht. Oder die Pfälzer Schlachtplatte: Zwei Pfälzer sitzen sich lakonisch gegenüber, essen Wurst und unterhalten sich im Pfälzer Dialekt. „Das soll komisch sein. Das ist Superschool.“ Wie der Wetterbericht mit einem Ansager, der Japanisch spricht und hinter dem auf einer Blue Screen ein Vulkan ausbricht.

Seit Mai 1999 produzieren Matze, Britt, Mieke und Rebecca Superschool – weil’s Spaß macht: „Wir haben auch versucht, das Konzept zu verkaufen, an die großen Sender. Die sind dann immer total freundlich, aber letztendlich ist das nur Laber-Rhabarber. Eigentlich wollen die, dass wir ihnen die Sendung schenken, aber dafür steckt da zu viel Arbeit drin. Mal sehen, wie es weitergeht.“

Die vorerst letzte Sendung wird’s am 7. April geben. Danach wollen die vier von Superschool etwas anderes probieren. Was, das wird diese Woche im Bahnhof Westend gezeigt. Unter dem Zeichen von „Campen 2050“ stehen dort sechs Igluzelte. In jedem kann der Besucher sich eine Folge von Superschool anschauen. Daneben, in Glasvitrinen, sind die Zukunftskostüme der Superschüler ausgestellt, mit in Beton gegossenen Handabdrücken. „Das soll beweisen, dass wir den walk of fame beschritten haben“, erklärt Mieke bescheiden.

Demnächst wird es von ihnen nämlich Musikvideos geben. Geschichten von Antihelden im Jahre 2050, die die Erde vernichten wollen. „Und wir verhindern das!“, prahlt Matze und freut sich wie ein Weltmeister: „Ein Antiheld wird das Eismonster sein, das eine ganze Disko vereist. Ähnlich wie bei Ghostbusters.“ Das andere Monster verwandelt sein Publikum in Hunde. Zur Eröffnung der Ausstellung soll’s auch eine ordentliche Performance geben. „The Waffler“ – alle Superschüler stehen an einem Tisch und backen Waffeln.

MICHAELA VIESE

„Campen 2050“, bis zum 19. März 2000, täglich 14–20 Uhr, Künstlerbahnhof Westend, Spandauer Damm 89