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fotografieed van der elsken und die ikonographie des alltags

Als der niederländische Fotograf Ed van der Elsken 1950 nach Paris kam, war er bereits von der rastlosen Dokumentationswut seiner Vorgänger infiziert. WeeGee hatte in den Vierzigerjahren New Yorker Clubs und Bars fotografiert, etwa zeitgleich stromerte Robert Doisneau durch die Pariser Amüsierviertel. Beide Fotografen setzten die Arbeit des Flaneurs fort: Statt aber literarisch gebrochen die Unmittelbarkeit zu schildern, mit der sich das Leben dem städtischen Raum einschreibt, halten sie mit der Kamera vor Ort das Geschehen fest. So wird das Beiläufige des Alltags zur Ikone.

Für van der Elsken bildet die französische Metropole mit ihren Jazzclubs und jugendlichen Aussteigern den Gegenpol zur spröden Ausbildung am konservativen Institut für Kunsthandwerk in Amsterdam.

Der 1925 geborene Autodidakt in Sachen Fotografie schwimmt mit im Strom der Gescheiterten, die Montmartre bevölkern, er verbrüdert sich mit Clochards und fotografiert Tanz und Rausch in den Kellern des Quartier Latin. Dort trifft er auch Vali Myers, die 1956 mit ihrem zerzausten Haar und den schwarz geschminkten Augen zur zeittypischen Heldin seines Fotoromans „Liebe in Saint Germain des Pres“ wird. Auch Myers ist eine Ikone, sie verkörpert für van der Elsken die situationistische Lebens- und Liebesenergie der Gegenöffentlichkeit in den Fünfzigerjahren.

Der Erfolg des Parisbuchs machte van der Elsken schließlich zum gefragten Reportagefotografen, der lieber für Zeitschriften wie Avenue durch die Welt reiste, als seine Bilder in Museen auszustellen. Erst seit der letzten documenta ist der 1990 verstorbene Fotograf auch im Kunstbetrieb angekommen. Jetzt widmet das Kunstmuseum Wolfsburg van der Elsken eine Retrospektive, die von Paris nach Afrika und Asien führt und in den Achtzigerjahren bei Amsterdamer Punks und Hausbesetzern endet. Stets bleibt für Ed van der Elsken dabei das Bild des Privaten an die politischen Verhältnisse gekoppelt. Vali Myers ist für ihn nicht nur schön und begehrenswert, sondern anders. Wie alle anderen.       HF

Ed van der Elsken, bis 24. 5., Kunstmuseum Wolfsburg. Katalog, 192 Seiten, Schwarzweiß und Farbe, Hatje Cantz Verlag

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